Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet: Türkischer Katastrophenschutz meldet mehr als 240 Nachbeben

Die Zahl der Toten nach dem schweren Erdbeben steigt auf rund 4.400. Wegen vieler Nachbeben harren viele Menschen in der Türkei und in Syrien trotz Kälte im Freien aus.

Nach den schweren Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet hat es bisher 243 Nachbeben gegeben. Das teilte die türkische Katastrophenschutzbehörde Afad mit. Eines der Beben hatte nach Angaben der europäischen Erdbebenwarte EMSC die Stärke 5,6. Das Epizentrum lag in einer Tiefe von zwei Kilometern. Die Zahl der Toten stieg derweil auf rund 4.400. Die Türkei meldete 2.921 Tote, in Syrien wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums sowie der Rettungsorganisation Weißhelme mindestens 1.477 Tote geborgen.

Noch immer werden weiter viele Menschen unter den Trümmern vermutet. Im syrischen Erdbebengebiet seien noch Hunderte Familien unter eingestürzten Gebäuden verschüttet, sagte der Leiter der Weißhelme, Raed al-Saleh, der Nachrichtenagentur Reuters. Die Zeit, sie zu retten, werde knapp.

In der Türkei fiel nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa in der Stadt Hatay und in der Nachbarprovinz Osmaniye der Strom aus. Es gebe kein Benzin mehr, Brot sei ausverkauft. Nach Angaben von Vizepräsident Fuat Oktay wurden bis zum späten Montagabend 7.840 Verschüttete aus den Trümmern gerettet. In Adıyaman wurde ein zwölfjähriger Junge nach 21 Stunden lebend geborgen, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Auch aus Diyarbakır und Şanlıurfa wurden Menschen nach fast einem Tag und in eisigen Temperaturen aus den Trümmern gerettet.

Türkische Hilfsorganisation verfügt über 40.000 neue Blutspenden

Sein Ministerium habe rund 4.200 Helfer in das Katastrophengebiet entsandt, twitterte der türkische Gesundheitsminister Fahrettin Koca am späten Montagabend. Verletzte und kranke Erdbebenopfer würden zunächst in Zelten medizinisch versorgt und anschließend in Krankenhäuser verlegt. Der Chef der Hilfsorganisation Kızılay sagte dem Sender Habertürk, man habe bereits 40.000 Blutspenden bekommen.

Bisherigen Informationen zufolge wurden in der Südtürkei und in Nordsyrien zudem mehr als 15.000 Menschen verletzt. Zahlreiche Länder sagten Unterstützung zu, auch aus Deutschland machten sich Hilfsteams noch am Montag auf den Weg. China stellt nach Angaben des Staatsfernsehens 5,5 Millionen Euro an Soforthilfen zur Verfügung. Indien, Japan und Südkorea kündigten an, Rettungskräfte ins Erdbebengebiet zu schicken.

In der Katastrophenregion herrschen Temperaturen um den Gefrierpunkt. Viele Menschen können nicht in ihre Häuser zurück, weil diese eingestürzt sind oder eine Rückkehr angesichts der zahlreichen Nachbeben zu gefährlich wäre. Ein drohender Schneesturm könnte die Situation in den Erdbebengebieten nach Einschätzung der Hilfsorganisation Care noch deutlich verschärfen. Viele Straßen seien nicht passierbar. Die Türkei bat ihre Nato-Partner unter anderem um drei für extreme Wetterbedingungen geeignete Feldkrankenhäuser und Personal für deren Einrichtung.

Erdoğan ordnet einwöchige Staatstrauer an

Das Hauptbeben am Montagmorgen hatte nach Afad-Angaben eine Stärke von 7,7, das Epizentrum lag im südtürkischen Kahramanmaraş. Mittags erschütterte ein Beben der Stärke 7,5 dieselbe Region, wie die Erdbebenwarte Kandilli meldete. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan sprach vom schwersten Beben seit 1939 und verkündete eine einwöchige Staatstrauer.

US-Präsident Joe Biden sicherte Erdoğan persönlich Unterstützung zu. In einem Telefonat habe Biden dem türkischen Präsidenten versichert, dass die USA dem Nato-Verbündeten Türkei “jede erforderliche Unterstützung” zur Bewältigung der Tragödie zukommen ließen. Rettungsteams aus den USA würden schnell in die Türkei entsandt, um die Rettungs- und Bergungsarbeiten in dem Erdbebengebiet zu unterstützen und den Menschen vor Ort zu helfen.

Eines der am schwersten vom Erdbeben betroffenen Gebiete war die Region Idlib in Syrien, die von Rebellen gehalten wird. Dies dürfte dort die staatliche Nothilfe erschweren. Nach mehr als elf Jahren Bürgerkrieg in Syrien kontrollieren Regierungstruppen des syrischen Machthabers Baschar al-Assad wieder rund zwei Drittel des Landes.

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