Rede zur Lage der Nation: Bidens schwierige To-Do-Liste

Stand: 07.02.2023 09:22 Uhr

US-Präsident Biden hält am Abend im Kongress seine Rede zur Lage der Nation. Dabei geht es um die Erfolge des vergangenen Jahres und die Vorhaben für die kommenden Monate. Einige Versprechen wird er wohl erneut machen müssen.

Julia Kastein, ARD-Studio Washington

Lang anhaltender Beifall für Joe Biden am 1. März 2022 im Kapitol – eine Woche, nachdem Russland die Ukraine angegriffen hatte. Viele Abgeordnete trugen gelb-blau, die ukrainische Botschafterin winkte unter Tränen.

Julia Kastein ARD-Studio Washington

Der US-Präsident bat die Abgeordneten aufzustehen, “als unmissverständliches Signal an die Welt, dass wir an der Seite der Ukraine stehen”. Putin habe geglaubt, er könne in die Ukraine einfallen und die Welt würde umfallen. Aber die USA und ihre Alliierten stünden Dank seiner Führung gemeinsam und entschlossen an der Seite der Ukraine.

Sanktionen, russische Dollar-Reserven einfrieren, russisches Oligarchenvermögen konfiszieren: Mit diesen Strafmaßnahmen werde Putins Russland isoliert und wirtschaftlich in die Knie gezwungen, versprach Biden: “Die russische Wirtschaft taumelt. Und daran ist allein Putin schuld.”

Milliardenhilfe für die Ukraine

Fast ein Jahr später hat sich Bidens Vorhersage nicht bewahrheitet: Putin hat sein Öl und Gas trotz westlicher Sanktionen weiter gewinnbringend verkauft, der Rubel hat sich stabilisiert. Und auch wenn die russische Wirtschaft laut Internationalem Währungsfonds im vergangenen Jahr um gut zwei Prozentpunkte geschrumpft ist: Für das kommende Jahr wird sie laut Vorhersage stärker wachsen als die Deutsche.

Dafür hat die Biden-Regierung ein anderes Versprechen des US-Präsidenten übererfüllt: “Wir geben der Ukraine eine Milliarde an direkten Hilfen, und wir werden den Ukrainern weiter dabei helfen, ihr Land zu verteidigen – und dabei, ihr Leiden zu lindern.”

Tatsächlich sind es inzwischen weit über 50 Milliarden US-Dollar – und der US-Kongress hat insgesamt mehr als 100 Milliarden bewilligt, das meiste davon für militärische Unterstützung. Die US-Steuerzahler kommt dieser Krieg, an dem die USA offiziell weiter nicht beteiligt sind, also teuer zu stehen.

Steigende Energiekosten statt versprochener Entlastung

In seiner Rede versprach Biden Entlastung – beispielsweise durch das Anzapfen der Ölreserven, was nicht viel änderte, oder durch das damals noch geplante und inzwischen beschlossene Sozial- und Klimaschutzpaket, den “Inflation Reduction Act”. 500 Dollar an Energiekosten würde eine amerikanische Durchschnittsfamilie dadurch im Jahr sparen, so Biden. Tatsächlich sind die Strompreise um 14 Prozent gestiegen. Laut Prognose der US-Energiebehörde EIA wird das Heizen für die meisten US-Bürger diesen Winter gut 30 Prozent teurer als im Vorjahr.

“Zu viele Familien schaffen es kaum, ihre Rechnungen zu bezahlen. Ich habe das verstanden!”, hatte Biden in der letzten State of the Union verkündet. “Deshalb ist meine Top-Priorität, die Preise unter Kontrolle zu bekommen.” Dabei machen viele Wirtschaftsexperten seine milliardenschweren Covid-Hilfspakete für die enorme Inflation verantwortlich. Auch wenn die Steigerungsrate inzwischen wieder abflacht: Grund dafür sind weniger Bidens Wirtschaftspolitik als die Zinsanhebungen der Zentralbank.

Auch andere vollmundige Versprechen konnte der Präsident bislang nicht einlösen: die enormen Preise für Insulin, die viele Diabetes-Patienten in den USA in den Ruin treiben, wollte er senken, den Mindestlohn anheben, das Grundrecht auf Abtreibung erhalten. Mal machten ihm die Republikaner einen Strich durch die Rechnung, mal Senatoren seiner eigenen Partei, mal die Gerichte.

Fast die Hälfte der Vorhaben umgesetzt

Von 39 Vorhaben, hat die Washington Post nachgezählt, konnte Biden immerhin fast die Hälfte umsetzen. Sein Vorgänger Donald Trump hatte laut Sender NPR 2020 nur ein Drittel seiner eigenen To-Do-Liste von 2019 abgearbeitet.

Einige Versprechen wird Biden wohl wieder machen: Polizeireformen und schärfere Waffengesetze beispielsweise. Auch Putin und der Krieg in der Ukraine werden wohl wieder Thema sein, genau wie das Verhältnis zu und der Wettbewerb mit China. Aber besonders gespannt sind viele Beobachter, ob der 80-jährige Biden in seiner Rede klar erkennen lässt, ob er 2024 wieder als Präsidentschaftskandidat antreten will. Laut Umfragen wäre eine deutliche Mehrheit der Amerikaner dagegen.

 

Source: tagesschau.de

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