Wenn die Parkgebühr wegen der kostenlosen Straßenbahn steigt

Wenn die Straßenbahn der Linie 709 in die Stadtmitte von Neuss einfährt, dann gelangt sie neuerdings in eine besondere Zone. Zwischen den Haltestellen „Theodor-Heuss-Platz“ und „Stadthalle“ dürfen Fahrgäste seit Jahresbeginn ohne Ticket fahren. Es sind sieben Haltestellen auf der etwa 1,8 Kilometer langen Strecke, die durch die Geschäftsmeile der City führt.

Noch lässt sich das Angebot in der nordrhein-westfälischen Stadt kaum nutzen, denn der Streckenabschnitt ist wegen Bauarbeiten wochentags zwischen 9 und 16 Uhr gesperrt. Ab Ende August aber soll die 709 ungehindert die gewohnte Route fahren, dann startet die offizielle einjährige Frist für das Pilotprojekt. Danach wird entschieden, ob es weitergeht. Der jährliche Einnahmeausfall durch das Freifahrt-Modell wird auf 226.000 Euro beziffert – und über Einnahmen aus höheren Parkgebühren ausgeglichen.

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„Wir müssen etwas für den Klimaschutz tun und wollen Bus und Bahn als attraktive Alternative zum Pkw stärken“, erklärt Bürgermeister Reiner Breuer (SPD) auf WELT-Anfrage. Bis 2035 soll sich der Anteil des motorisierten Individualverkehrs um 50 Prozent reduzieren. Die Kooperation aus SPD, Grünen und Freien Wählern im Stadtrat will Anreize schaffen, um das Mobilitätsverhalten der Menschen zu verändern.

Auf diese Weise wollen auch andere Kommunen einen stärkeren Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel erreichen. Augsburg in Bayern hat 2020 eine kostenlose „City-Zone“ mit neun Stationen eingeführt und nimmt jährlich eine halbe Million Euro Einnahmeverlust in Kauf.

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Die Stadt Monheim am Rhein (Nordrhein-Westfalen) bietet ihren Einwohnern mit dem „Monheim-Ticket“ sogar eine stadtweit kostenlose Nutzung von Bussen und Bahnen.

„Nicht kostenlos, weil die Bürger zahlen“

Die bayerische Kleinstadt Pfaffenhofen an der Ilm stellt seit Dezember 2018 den Stadtbus mit drei Linien für Stadtgebiet und seit 2022 auch den „Expressbus“ auf Abruf kostenlos zur Verfügung. „Bus- statt Autofahren spart Geld und die Parkplatzsuche. Und weniger Kfz-Verkehr in der Stadt trägt zum Wohle aller zum Klimaschutz bei, schont die Nerven von Anwohnern und Passanten und verbessert die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt“, erklärt Projektleiter Matthias Stocker auf WELT-Anfrage.

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Beim Stadtbus verdreifachte sich die wöchentliche Nutzerzahl in nur einem Jahr auf 15.000 und sank während der Pandemie stark. Zuletzt lag sie wieder bei etwa 11.300. Beim „Expressbus“-System, das den bisherigen „Rufbus“ ersetzt und für die Anbindung äußerer Ortsteile gedacht ist, stieg die Fahrgastzahl um das 17-Fache auf 1700 pro Woche. Die Gesamtkosten im Jahr für kostenlosen Stadt- und „Expressbus“ belaufen sich auf etwa 2,7 Millionen Euro, die Pfaffenhofen allein übernehmen muss. Die Stadt beklagt, dass es trotz eines so erfolgreichen Umstiegs keine Förderung gebe.

Ob sich das Angebot in Neuss bewährt, ist offen. Unumstritten ist es nicht. CDU und FDP kritisieren das Pilotprojekt. Die kostenlose Straßenbahn sei ein „Schaufensterprojekt des Bürgermeisters und der rot-grünen Kooperation“ und „Symbolpolitik ohne positiven Effekt und vor dem Hintergrund der monatelangen Bauarbeiten zeitlich auch noch schlecht geplant“, beklagt CDU-Fraktionschef Sven Schürmann. Außerdem sei die Straßenbahn „nicht kostenlos, weil die Bürger diese über ihre Steuern zahlen“. Die CDU wolle für einen „Stopp dieser Geldverschwendung kämpfen“ und die öffentlichen Mittel lieber in Schulen, Kitas, Sauberkeit und Sicherheit investieren.

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In der Nachbarstadt Düsseldorf hingegen hat sich jemand Neuss zum Vorbild genommen: Linke-Kommunalpolitikerin Petra Müller-Gehl hat in der Bezirksvertretung einen Antrag auf kostenfreies Fahren in der U 73 zwischen den Haltestellen „Gerresheim S“ und „Friedingstraße“ gestellt. Damit soll der Süden des Stadtteils Gerresheim mit dem Norden, wo eine bessere Infrastruktur mit Geschäften, Bankfiliale und Arztpraxen besteht, besser verbunden werden.

„Nicht zuletzt ermöglicht diese kostenfreie Mobilität auch Menschen mit niedrigem Einkommen eine ungehinderte Teilhabe“, heißt es im Antrag. Die Idee wird von der Stadtverwaltung geprüft.

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Source: welt.de

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