Die Deutschen beharren auf ihr Auto – doch die Elektro-Skepsis bleibt groß

Die Einschränkungen der Corona-Jahre haben im Mobilitätsverhalten der Deutschen Spuren hinterlassen. Das zeigt eine große repräsentative Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (Acatech).

Demnach hat die Bereitschaft der Befragten, weniger Auto zu fahren, gegenüber der Zeit vor der Pandemie deutlich zugenommen – auch wenn sich das Verkehrsverhalten im Alltag nur gering verändert hat. So gaben 51 Prozent der Befragten an, dass sie weniger Auto fahren könnten, ohne sich dabei stark einschränken zu müssen.

Die Frage der Demoskopen lautete: „Könnten Sie deutlich oder etwas weniger Auto fahren, ohne dass Sie sich dabei stark einschränken müssten, oder wäre das nur schwer möglich oder gar nicht möglich?“. Darauf hatten im Jahr 2019 nur 28 Prozent der Bürger geantwortet, sie könnten „deutlich weniger“ oder „etwas weniger“ Auto fahren ohne größere Einschränkungen.

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Die Bevölkerung habe während der Corona-Zeit „einen Crashkurs in Sachen Veränderung gemacht“, sagte Allensbach-Geschäftsführerin Renate Köcher bei der Vorstellung der Ergebnisse. Das bezieht sich auch auf die Nutzung unterschiedlicher Verkehrsmittel, die ja unter anderem durch die Maskenpflicht oder Flugstreichungen eingeschränkt war.

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„Mit dem Auslaufen der Pandemie sind die Meisten zu den vorherigen Mobilitätsmustern zurückgekehrt. Aber viele möchten doch einiges beibehalten, was sie sich antrainiert haben in der Zeit“, stellte Köcher fest. Das gelte insbesondere für Menschen, die mehr Wege zu Fuß gehen und das Fahrrad öfter nutzen wollen.

„Immerhin jeder Fünfte sagt: Ich möchte den Pkw weniger nutzen und auch generell weniger reisen“, zitierte Köcher aus den Ergebnissen. Das sei natürlich keine Mehrheit, ein Fünftel der Bevölkerung bedeute aber doch Millionen von Bürgern. Generell veränderten sich Mobilitätsmuster nur sehr langsam, sagte Köcher. Dieser Aspekt komme in der politischen Debatte zu kurz, wenn man sich mehr auf Ziele konzentriert als auf deren Umsetzung.

Quelle: Infografik WELT

Völlig unstrittig ist, dass das Auto in Deutschland Verkehrsmittel Nummer eins bleibt, auch in Großstädten. Auf die Frage, welches Verkehrsmittel für Großstädter unverzichtbar sei, nannten 72 Prozent das Auto, danach rangiert das Fahrrad mit 51 Prozent (Mehrfachnennungen waren möglich). Auf den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) können laut Befragung 42 Prozent nicht verzichten. Allensbach hat die Daten Ende 2022 erhoben. Es ist der vierte jährliche „Mobilitätsmonitor“ in Folge.

Köcher wies darauf hin, dass es gravierende Unterschiede zwischen Stadt und Land bei der Nutzung von Verkehrsmitteln und der Einschätzung der eigenen Möglichkeiten gibt. „Man muss sehen, dass die Veränderung von Mobilitätsmustern sehr stark davon abhängt, wo jemand wohnt“, sagte sie.

Bus & Bahn auf dem Land für nur 14 Prozent eine Alternative

Während die Bewohner von Dörfern zu 83 Prozent angaben, das Auto sei für sie unverzichtbar, waren es in den Großstädten nur 61 Prozent. Fast genauso viele Großstädter (59 Prozent) halten Bus und Bahn für unverzichtbar – im Dorf sind das nur 18 Prozent. Sehr ähnlich verteilen sich die Einschätzungen, was einen möglichen Umstieg auf den ÖPNV angeht. Unter den Autofahrern in Großstädten halten immerhin 30 Prozent Busse und Bahnen für eine „ernsthafte Alternative“ zum eigenen Wagen.

Je kleiner der Ort, desto geringer wird diese Zahl: In Mittelstädten sind es noch 22 Prozent, in Dörfern ist der ÖPNV nur noch für 14 Prozent der Autofahrer als Alternative denkbar. Insgesamt sehen 68 Prozent der Autofahrer in Deutschland Busse und Bahnen nicht als Alternative für ihre eigene Mobilität im Alltag an.

Quelle: Infografik WELT

Zufrieden sind die Deutschen mit dieser Situation offensichtlich nicht. „Die Dringlichkeit von Klimaschutz ist der Bevölkerung bewusst“, sagte Köcher. Das Thema sei trotz der Krisen der vergangenen Jahre nicht in den Hintergrund gerückt. Und den Bürgern sei auch bewusst, dass man im Verkehrssektor viele Hebel für den Klimaschutz in Bewegung setzen müsse.

Entsprechend hoch ist die Zustimmung für weitere Investitionen in den ÖPNV: Von den Befragten halten es 71 Prozent für wichtig, dass in die lokalen Verkehrssysteme investiert wird, um die Klimabelastung zu reduzieren und 67 Prozent hoffen auf eine stärkere Verlagerung von Güterverkehr auf die Schiene.

Beide Werte sind im Vergleich zu den Jahren 2020 und 2021 deutlich gestiegen und nun wieder auf dem Niveau von 2019. Besonders stark ist auch die Zustimmung zur Atomenergie gestiegen: 41 Prozent der Bürger halten eine Laufzeitverlängerung für wichtig, um die Klimabelastung zu reduzieren. Im Jahr 2020 waren es noch 20 Prozent.

Quelle: Infografik WELT

Beim ÖPNV setzt die Bundesregierung mit ihrem Projekt 49-Euro-Ticket an einem Punkt an, der den Bürgern tatsächlich auf den Nägeln brennt. Denn laut Mobilitätsmonitor sind die hohen Preise und die zersplitterten Tarifzonen im Land die größten Ärgernisse für die Befragten. Immerhin 58 Prozent sagten, dass sie den ÖPNV öfter nutzen würden, wenn die Tickets billiger würden.

Für 48 Prozent wäre es notwendig, dass „Busse und Bahnen häufiger fahren würden“. Entsprechend halten 64 Prozent der Deutschen das 49-Euro-Ticket für eine gute Maßnahme, 12 Prozent lehnen es ab. Und 20 Prozent der Bevölkerung hat vor, die neue, ab 1. Mai bundesweit gültige Fahrkarte selbst zu nutzen. Wobei der Anteil unter denjenigen, die ohnehin schon mit Bus und Bahn fahren, deutlich höher ist (45 Prozent).

Gegenüber Elektroautos als Lösung für das Klimaproblem herrscht der Umfrage zufolge noch immer eine große Skepsis in der Bevölkerung. „Der Kreis derjenigen, die sich ein solches Auto anschaffen würden, stagniert seit Jahren bei 23 bis 24 Prozent“, heißt es in der Auswertung. Nur drei Prozent der Deutschen nutzen bisher ein E-Auto. Neben den hohen Anschaffungskosten (71 Prozent) schreckt die meisten Bürger auch die Frage nach einer ausreichenden Zahl von Ladesäulen (64 Prozent) und der hohe Strompreis (62 Prozent) ab.

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Außerdem halten es 60 Prozent der Umfrageteilnehmer für „fragwürdig, ob Elektroautos wirklich umweltfreundlicher sind“. Acatech-Präsident Jan Wörner räumte ein, dass die Anschaffungskosten von E-Autos noch relativ hoch seien. „Aber man sollte auch auf die gesamten Betriebskosten achten“, sagte er, dann relativiere sich der Preis etwas. Außerdem seien neue Verkehrsmodelle in der Entwicklung, die auch auf dem Land künftig Alternativen zum eigenen Pkw bieten könnten.

Auf solche Lösungen hoffen viele Deutsche, zeigen die Allensbach-Ergebnisse. „Die Vorbehalte gegen Elektromobilität haben nichts mit mangelnder Innovationsoffenheit zu tun“, sagte Köcher. Tatsächlich hofften viele darauf, dass sich der Verkehrsfluss durch Digitalisierung verbessert. Zudem fänden es 68 Prozent der Deutschen gut, wenn mehr Berufstätige im Homeoffice arbeiten könnten – was auch zur Verringerung von Straßenverkehr beiträgt. Dieser Effekt wird aber nach Einschätzung von Köcher überschätzt. Denn von Homeoffice profitiert eine Minderheit: Nur 14 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland müssen nicht in den Betrieb kommen.

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Source: welt.de

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