Inflationshilfen helfen nur kurz gegen die Inflation

Die Staaten des Euroraums haben in den vergangenen Monaten mit unterschiedlichsten Hilfsprogrammen die Folgen der extremen Inflation für die Menschen abzufangen versucht. Das hatte auch tatsächlich kurzfristig einen mildernden Effekt für die Belastung der Menschen durch die höheren Preise. Über längere Zeit aber dürften die höheren Staatsausgaben die Inflation sogar treiben. Zudem dürfte umgekehrt die in erheblichem Maße durch sogenannten Angebotseffekte verursachte Inflation negative Auswirkungen auf die Haushaltslage der Staaten haben.

Das sind einige Ergebnisse einer Analyse „Fiskalpolitik und hohe Inflation“ aus dem Wirtschaftsbericht der Europäischen Zentralbank (EZB), die am Montag vorab veröffentlicht wurden. Die EZB-Ökonomen kommen anhand von Modellrechnungen zu dem Schluss: Die Inflationshilfen der Staaten dürften sich 2022 und 2023 positiv auf den Inflationsdruck auswirken. Diese Effekte dürften sich jedoch in den Jahren 2024 und 2025 weitgehend umkehren.

Inflation um 0,9 Prozentpunkte gedrückt

„Im Durchschnitt milderten staatliche Maßnahmen etwa ein Viertel der inflationsbedingten Einkommensverluste der Haushalte im Jahr 2022 ab“, heißt es in der Analyse. Für das vergangene Jahr veranschlagen die Ökonomen für die großen Euroländer plus Portugal und Griechenland, die man exemplarisch näher betrachtet hat, eine Inflationsrate von rund 9 Prozent. Sie schätzen, dass diese Rate 1,7 Prozentpunkte höher gelegen hätte, wenn es keine staatlichen Eingriffe in die Preise für Heizkosten, Sprit und Strom gegeben hätte.

Hinzu kämen die Energiepreis-Hilfen und der Inflationsausgleich für Staatsbeschäftigte. Der Anstieg der verfügbaren Einkommen um durchschnittlich 5,8 Prozent habe 2022 rund 60 Prozent der Belastungen durch die höhere Inflation ausgeglichen – davon seien 0,9 Prozentpunkte auf staatliche Energiepreis-Hilfen entfallen.

Für die kommenden beiden Jahre erwarten die Ökonomen nun einen inflationstreibenden Effekt der staatlichen Eingriffe: Bei den Preisgrenzen vor allem durch deren Aufhebung – bei den Energiepreis-Hilfen über eine höhere Nachfrage.

Bild: F.A.Z.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde und Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel hatten mehrfach auf das Risiko hingewiesen, dass staatliche Hilfsprogramme inflationstreibend wirken könnten. Die Notenbank hatte gefordert, fiskalische Hilfen müssten daher „temporary“ (befristet), „targeted“ (gezielt) und „tailored“ (maßgeschneidert) sein. Lagarde hatte im vorigen Jahr beklagt, dass nur 10 bis 20 Prozent der Hilfen dies erfüllten.

Schnabel kritisierte zuletzt, ein großer Teil der Hilfen seien Subventionen für fossile Energieträger gewesen – nur ein geringer entfalle auf Investitionen: „Das wird mittelfristig inflationär wirken.“

Negative Effekte der Inflation auf Staatshaushalte

Die EZB hat sich ausgiebig auch mit der umgekehrten Frage beschäftigt, wie die Inflation auf die Staatshaushalte wirkt. Bei Inflation sei es oft so, dass es kurzfristig positive Auswirkungen auf die Haushaltslage gebe, wenn die Ausgaben im Budget bereits festgelegt sind und die Einnahmen bei einer von der Nachfrage getriebenen Teuerung steigen. Bei der aktuellen Inflation, die anfangs stark angebotsseitig und durch Preise für Importgüter wie Öl und Gas getrieben wurde, sei hingegen mit einem negativen Effekt auf die Haushaltslage zu rechnen.

Die Inflation beeinträchtige Wachstum und Einnahmen, während die Ausgaben durch die Hilfsprogramme stiegen. Die Zinserhöhungen der Notenbanken verteuerten zudem die Zahlungen der Staaten für ihre Schulden. Modell-Simulationen zeigten: Das habe negativen Auswirkungen auf die Haushalte und die Schuldensituation über die kurze Frist hinaus.

Das stelle etwaige positive Effekte bei den Einnahmen in den Schatten und führe im Jahr 2024 zu einer Verschlechterung des Haushaltssaldos um fast 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Source: faz.net

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