Die Überraschung hat sich Linde bis ganz zum Schluss aufgehoben. An einem schwachen Börsentag mit höher als erwartet ausgefallenen Inflationsdaten in Amerika und dicken Minuszeichen bei Dax und Dow Jones musste der deutsche Leitindex zum Handelsende am Freitag auch noch sein Schwergewicht Linde verabschieden.
Die Spannung war groß, ist es doch ein Novum, dass das Schwergewicht einen Index verlässt. Üblich sind Wechsel am unteren Rand des Auswahlindex. Mehr als zwei Millionen Linde-Aktien mussten allein die börsengehandelten Indexfonds (ETF) loswerden und dies mutmaßlich in der Schlussauktion um kurz nach 17.30 Uhr.
Die Deutsche Börse hatte schon im Tagesverlauf beruhigt, unauffälliger Handel hieß es auf Nachfrage, keine Volatilitätsunterbrechung, die bei ungewöhnlichen Kurssprüngen vorkommt. Die Handelsvolumina sind hoch. Als um 15.30 Uhr die New Yorker Börse eröffnet, an der die Linde Aktien dann künftig ausschließlich handelbar sind, belebt sich der Umsatz in den Linde-Aktien auch in Frankfurt. Der Kursdruck wird aber nicht übermäßig. Linde liegt rund 1,5 Prozent im Minus und damit knapp schwächer als der Dax.
Sprung an die Dax-Spitze
Überraschung dann in der Schlussauktion. Linde geht mit Kursen von 308 Euro rein und mit 319 Euro raus. Solche Kursbewegungen sind in der Auktion ungewöhnlich. Die Börse teilt auf Anfrage mit, dass die Schlussauktion der Linde-Aktien verlängert werden musste. Überraschend vor allem die Richtung bei Linde. Der Kurs geht 3,6 Prozent nach oben.
Vom unterdurchschnittlichen Dax-Wert zum Ende sogar an die Dax-Spitze gesprungen. Linde geht mit plus 2 Prozent aus dem Handel, der Dax mit minus 1,7 Prozent. Gleiches Bild im Euro Stoxx 50, den Linde auch verlassen muss, aber nicht wie im Dax als Schwergewicht mit 9 Prozent Indexgewicht, sondern mit nur 4,4 Prozent. Aber auch hier springt Linde zum Schluss nochmal an die Spitze, während der Euro Stoxx 50 fast 2 Prozent im Minus liegt.
Eine bleierne Last weniger
Offenbar erlebte die Linde-Aktie einen Erleichterungssprung. Die bleierne Unsicherheit, die in den vergangenen Monaten auf der Aktie und ihrem Kurs lag, der sich weit schwächer entwickelte als der Dax, ist endlich verflogen. Der Verkauf der Indexfonds auf Dax und Euro Stoxx 50 belasten die Aktie nun nicht mehr. Die großen ETF-Anbieter haben die Verkäufe offenbar effizient gemanagt.
Der Handelstag war dennoch aufregend. Tom Koula von der Investmentbank Stifel Europe berichtet von zwanzig Mal so hohen Handelsumsätzen in der Linde-Aktie verglichen mit dem Durchschnitt der vergangenen zwölf Monate. 15 Millionen Aktien gingen um, das entspricht drei Prozent aller Linde-Aktien. In Amerika wurden vier Millionen Linde-Aktien gehandelt.
150 Milliarden Euro Börsenwert verlassen nun den Dax. Am Montag kommt dafür die Commerzbank in den Dax, die gut 10 Milliarden Euro Börsenwert mitbringt. Den Rest der Linde-Anteile müssen die ETFs entsprechend der Indexgewichtungen verteilen. Vor allem SAP profitiert als nun wertvollster Dax-Wert. Im Euro Stoxx 50 rückt die italienische Bank Unicredit nach, zu der die Münchener HVB gehört. Schon am nächsten Freitag steht die nächste Dax-Überprüfung an. Es dürfte jedoch keinen Wechsel im Dax geben.
Source: faz.net