100.000 Mexikaner protestieren: Die Empörten tragen Rosa

Der mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador beruft sich gerne auf den Willen des Volkes, den er in Opposition zu den Interessen der „Elite“ sieht. Mit einer Volksabstimmung hatte der Linkspopulist zu Beginn seiner Amtszeit den Bau eines neuen internationalen Flughafens gestoppt. Im vergangenen Jahr wollte er die Mexikaner darüber abstimmen lassen, ob Korruptionsermittlungen gegen die früheren Präsidenten eröffnet werden sollten, was das Verfassungsgericht allerdings untersagte. Nun hat sich ein Teil des Volkes wieder geäußert – und zwar ungefragt.

Am Sonntag versammelten sich landesweit Zehntausende Mexikaner, um gegen eine Reform des Wahlgesetzes und der unabhängigen Wahlbehörde „Instituto Nacional Electoral“ (INE) zu demonstrieren, die der Senat am Mittwoch gutgeheißen hatte. Allein auf dem zentralen Zócalo-Platz in Mexiko-Stadt kamen mehr als hunderttausend Demonstranten zusammen. Nach Angaben der Organisatoren soll es gar eine halbe Million gewesen sein. Auch in anderen Städten äußerten Demonstranten ihren Unmut. Viele trugen Schilder mit der Aufschrift „Hände weg vom INE“ und Kleidung in Rosa, der Farbe der Wahlbehörde. Es waren die größten Demonstrationen seit Beginn der Amtszeit von López Obrador im Jahr 2018.

Nächstes Jahr wird gewählt

Die von der Opposition und verschiedenen Organisationen scharf kritisierte Reform sieht einschneidende Kürzungen bei der Wahlbehörde INE vor, die für die Organisation und Durchführung von Wahlen verantwortlich ist. Die Kritiker werfen der Regierung vor, die Wahlbehörde und damit das Wahlsystem zu schwächen, was das Risiko von Unsicherheiten und der Intransparenz bei Wahlen erhöhe und damit die Demokratie in Mexiko schwäche. López Obrador hingegen sieht die Wahlbehörde als ein Instrument der Elite. Seit seiner knappen Wahlniederlage bei der Präsidentenwahl 2006 wirft López Obrador der Behörde Betrug vor. Vor zwei Jahrzehnten trug diese wiederum in Mexiko dazu bei, die Einparteienherrschaft der Partei PRI nach 71 Jahren zu beenden.

Die Reform ist auch deshalb so umstritten, weil im nächsten Jahr nationale Wahlen stattfinden, bei der die Mexikaner auch einen neuen Präsidenten wählen. López Obrador darf nach seiner sechsjährigen Amtszeit nicht mehr antreten, doch seine linke Morena-Partei hat sich als stärkste politische Kraft in Mexiko etabliert.

Der Disput um die Reform könnte jedoch der Opposition Auftrieb verleihen. Sie hat angekündigt, die Änderungen vor dem Verfassungsgericht anzufechten. Gelingt es der Opposition, die Mobilisierung gegen die Regierung aufrechtzuhalten, kann ihr das im Hinblick auf die Wahlen nur hilfreich sein.

Source: faz.net

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