Zwischen der FDP und dem Grünen-geführten Bundeswirtschaftsministerium kommt es zum Streit um die schnelle Reprivatisierung verstaatlichter Energiekonzerne. „Die durch den russischen Angriffskrieg entstandene Notlage vieler Energieunternehmen darf nicht zum Einstieg in eine staatliche Energie-Planwirtschaft führen“, fordert der energiepolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Kruse gegenüber WELT AM SONNTAG.
„Erworbene oder zwangsenteignete Unternehmensanteile müssen zügig privatisiert werden, dies ist auch so gesetzlich vorgesehen.“ Der Staat dürfe nicht dauerhaft der „beherrschende Player“ im Energiemarkt sein. „Schon heute droht eine gewaltige Schieflage, weil der Staat Eigentümer vieler Unternehmen ist, die im Wettbewerb zueinander stehen.“
Kruse beruft sich auf Paragraf 20 des Energiesicherungsgesetzes. Dort heißt es: „Unternehmen, deren Anteile enteignet wurden, sind wieder zu privatisieren“. Auch ein Bericht über die Fortschritte alle zwei Jahre ist darin festgeschrieben.
Doch das Wirtschaftsministerium unter Robert Habeck (Grüne) widerspricht der FDP-Interpretation, da es sich bei den Verstaatlichungen von Uniper und SEFE formal nicht um Enteignungen gehandelt habe. Insofern gebe es nicht einmal eine Berichtspflicht.
Denn die „setzt voraus, dass eine Enteignung im Sinne des Paragraf 18 Absatz 1 Energiesicherungsgesetz stattgefunden hat. Das ist bisher nicht der Fall“, heißt es auf Anfrage. „Im hypothetischen Fall einer Enteignung wäre über eine Reprivatisierung auf Grundlage der Vorgaben in Paragraf 20 Absatz 4 Energiesicherungsgesetz zu entscheiden.“
Tatsächlich gelangten Uniper und SEFE durch Kapitalerhöhungen und den Kauf von Anteilen in den Besitz des Staates. Zumindest im Fall von SEFE wurde der frühere Eigentümer, der russische Staatskonzern Gazprom, de facto enteignet, nachdem die Firma zuvor unter Treuhandschaft gestellt worden war.
Unterstützung bekommt der Liberale aus der Opposition. „Die Ampel muss frühzeitig einen Plan vorlegen, wie die betroffenen Unternehmen reprivatisiert werden sollen“, forderte auch Jens Spahn gegenüber WELT AM SONNTAG, der als Vizechef der Unionsfraktion für Wirtschaft und Energie zuständig ist.
Die Beteiligungen des Staates seien zwar notwendige Krisenmaßnahmen gewesen. „Aber der Staat ist nicht der bessere Unternehmer und droht sich zu übernehmen“, warnte Spahn. „Die Beschäftigten brauchen Klarheit und eine langfristige Perspektive.“
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Source: welt.de