Erwin Sellering: Vorstand kündigt Rücktritt an – und übt heftige Kritik an der Landesregierung
Der Vorstand der umstrittenen Klimastiftung Mecklenburg-Vorpommern will in den kommenden Wochen wie vereinbart zurücktreten. Das kündigte der Vorsitzende der Stiftung und frühere Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Schwerin an. Das ausstehende Testat des Wirtschaftsprüfers für 2022 sei fertig und werde nun geprüft. Danach müsse die Stiftungsaufsicht den Vorstand entlasten.
Der dreiköpfige Vorstand hatte bereits im Mai 2022 angekündigt zurückzutreten, sobald der Geschäftsbetrieb der Stiftung abgewickelt sei. Die Stiftung steht seit ihrer Gründung Anfang 2021 in der Kritik. Der Bau von Nord Stream 2 wurde abgeschlossen, doch die Pipeline ging wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine nicht in Betrieb.
Sellering betonte erneut, dass aus seiner Sicht die Stiftung nicht aufgelöst werden könne. Das müsse auch ein nachfolgender Stiftungsvorstand berücksichtigen, der von der Landesregierung eingesetzt wird. Mecklenburg-Vorpommerns Landesregierung unter Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) und der Landtag wollten die Stiftung »aus der Welt schaffen, vor allem wohl, weil sie anhaltende Kritik an ihrem früheren Handeln, vielleicht sogar persönliche Nachteile befürchten«, sagte Sellering.
Die gewählte Rechtsform steht den Ausführungen zufolge einer Auflösung im Weg, daran ändere auch ein Landtagsbeschluss nichts. Der ehemalige Ministerpräsident forderte die Politik des Landes stattdessen auf, ihre Beziehung zum Recht zu klären. »Eine offensichtlich rechtswidrige Auflösung der Stiftung in der Hoffnung, sich damit reinzuwaschen, würde zu Recht noch erheblich mehr Kritik nach sich ziehen«, fügte er hinzu. Die Landesregierung solle aufhören, »die Stiftung ständig anzugreifen«.
Wurde Druck auf die Finanzverwaltung ausgeübt?
Sellering wollte auf Nachfrage nicht ausschließen, dass auch politischer Druck auf die Finanzverwaltung ausgeübt wurde, bevor diese im September 2022 von der Klimastiftung 9,8 Millionen Euro an Schenkungssteuer für die 20-Millionen-Euro-Zuwendung von Nord Stream 2 einforderte. Der Gedanke sei nicht abwegig, weil die Regierung vorher schon alles getan habe, »um unsere Arbeit zu behindern«. Letztlich wisse er es aber nicht.
Das Landesfinanzministerium wies alle entsprechenden Vorwürfe am Dienstag zurück. »Es wurde nicht gegen die Stiftung gearbeitet«, erklärte es in Schwerin. Die Finanzbehörden hätten die Aufgabe, »die Steuern nach Recht und Gesetz festzusetzen«. Es habe keine politische Einflussnahme gegeben.
Die Stiftung war zuletzt durch eine Schenkungssteuererklärung in die Schlagzeilen geraten, die von einer Finanzbeamtin verbrannt worden war . Als im April 2022 nach der Erklärung gesucht wurde, bestritt die Beamtin zunächst, die Akte zu haben. Als sie sie später fand, vernichtete sie sie »in einer Kurzschlusshandlung«, wie Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ergaben.
Die 2021 vom Land gegründete Stiftung war mit 20 Millionen Euro von der russisch beherrschten Nord Stream 2 AG für Klimaschutzprojekte beschenkt worden. Parallel stellte die Stiftung mit verdeckten Geschäften sicher, dass die Ostseepipeline Nord Stream 2 fertiggestellt werden konnte, weil an ihr beteiligte Unternehmen von US-Sanktionen bedroht waren.
Die Pipeline ging nie in Betrieb und wurde im Herbst 2022 durch Explosionen schwer beschädigt . Für die Sabotage werden neuerdings proukrainische Kräfte verantwortlich gemacht. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine stellte die Stiftung die betreffenden Geschäfte ein. Mecklenburg-Vorpommerns Landesregierung und der Landtag wollen die Stiftung insgesamt auflösen.