Am weltberühmten Strand der Copacabana in Rio de Janeiro gibt es vieles zu sehen. Seit einigen Tagen liegen dort auch zwei Schiffe vor Anker, die einiges Aufsehen erregen. Es handelt sich um die beiden iranischen Kriegsschiffe Iris Markan, einen 228 Meter langen Helikopter-Träger, sowie die etwas kleinere Kriegsfregatte Iris Dena. Die brasilianische Regierung hatte den beiden Kriegsschiffen Ende Februar genehmigt, in Brasilien anzudocken, nachdem sie zuvor bei anderen Ländern abgeblitzt waren.
Schon vor dem Anlegen in Rio de Janeiro hatten die beiden iranischen Kriegsschiffe im Südatlantik Washington hellhörig gemacht. Die amerikanische Botschafterin in Brasilien, Elizabeth Bagley, hatte die brasilianische Regierung im Februar ausdrücklich gebeten, die Schiffe nicht anlegen zu lassen. Sie hätten in der Vergangenheit illegalen Handel und terroristische Aktivitäten ermöglicht und seien von den Vereinigten Staaten sanktioniert worden. „Brasilien ist eine souveräne Nation, aber wir glauben fest daran, dass diese Schiffe nirgendwo andocken sollten“, sagte Bagley damals.
Um den amerikanischen Präsidenten Joe Biden kurz vor seinem Besuch im Weißen Haus Mitte Februar nicht vor den Kopf zu stoßen, wartete Brasiliens neuer Präsident Luiz Inácio Lula da Silva zunächst ab. Zwei Wochen nach dem Besuch erteilte die brasilianische Marine den Iranern dann aber die Erlaubnis.
In Washington ist man darüber nicht nur unglücklich, sondern besorgt. Am Mittwoch gab es klare Worte. Die Unterbringung von Marineschiffen eines Regimes, das sein Volk brutal unterdrücke, Russland mit Waffen für den Krieg gegen die Ukraine versorge und sich an Terrorismus und Waffenverbreitung auf der ganzen Welt beteilige, sende „die falsche Botschaft in die falsche Richtung“, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre. Brasilien sei ein souveränes Land, das seine eigenen Entscheidungen treffe und entscheide, wie es mit anderen Ländern umgehe, einschließlich Iran. Doch die Schiffe hätten illegale Aktivitäten erleichtert. „Wir haben den relevanten Ländern klar gemacht, dass diese Schiffe in keinem Land anlegen sollten.“
Ende März reist Lula da Silva nach China
Washington wirft Teheran vor, Russland im Ukrainekrieg zu helfen und heimlich waffenfähiges Uran anzureichern. Die iranische Regierung wird auch heftig kritisiert für die Repression gegen die Protestbewegung, die mehr Rechte für Frauen fordert.
Für Lula da Silva scheint das nicht Grund genug zu sein, sich von Teheran abzuwenden. Beobachter vermuten, Brasília könnte mit dem Vorgehen seine eigenständige außenpolitische Linie demonstrieren wollen – besonders auch im Hinblick auf den Besuch Lula da Silvas in China Ende März. In Washington sieht man indes nicht, wie die Präsenz der Schiffe den brasilianischen Interessen dienen kann. Einige sehen dahinter eine Provokation und fordern eine Antwort, wie beispielsweise der republikanische Senator Ted Cruz, der anregte, zu prüfen, ob Sanktionen gegen den Hafen von Rio de Janeiro oder die brasilianische Marine verhängt werden sollten.
Unter Präsident Joe Biden dienen viele außenpolitische Berater der Obama-Regierung, die schon während Lula da Silvas früherer Präsidentschaften mit ihm und seinem außenpolitischen Berater Celso Amorim zu tun hatten. In unguter Erinnerung ist eine Episode im Jahr 2010, als Brasilien gemeinsam mit der Türkei und gegen die Bedenken des Westens im Atomstreit mit Iran zu vermitteln begann. Die tolerante Haltung Lula da Silvas gegenüber Ländern wie Iran, die nun wieder zu beobachten ist, deckt sich mit seiner Position zum Ukrainekrieg, dem er nicht mehr entgegenstellt als seinen Wunsch nach einem bedingungslosen Frieden. Washington und Europa würden eine klarere Haltung Brasiliens sehr begrüßen. Immerhin ist das Land derzeit im UN-Sicherheitsrat und könnte als Mitglied der BRICS-Staaten einen Dialog mit China und Russland aufbauen, der anderen verwehrt ist.
Source: faz.net