Nimmt ein Langzeitarbeitsloser eine angebotene Arbeit nicht auf, weil das Jobcenter nötige Hilfen verweigert, gilt dies einem neuen Urteil zufolge nicht als «sozialwidriges Verhalten». Das entschied das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in Celle am 26. Januar, wie am Montag bekannt wurde. Es sei nicht sozialwidrig, eine Stelle nicht antreten zu können, wenn der Arbeitsort zum Pendeln zu weit entfernt sei und eine neue Wohnung nicht gemietet werden könne, weil das Geld für die Kaution fehle und das Jobcenter die Mietkaution nicht übernehmen wolle.
Hintergrund sei das Verfahren eines 1962 geborenen Langzeitarbeitslosen aus Osnabrück, der bis 2003 als Buchhalter gearbeitet habe, teilte das Landessozialgericht mit. Danach sei er arbeitslos gewesen und habe immer wieder Hilfsarbeiten übernommen. Viele Jahre habe er sich erfolglos als Buchhalter beworben, bis das Jobcenter schließlich ab 2017 keine Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen mehr übernehmen wollte.
«Überraschend» habe der Mann 2019 jedoch einen Arbeitsvertrag als Buchhalter bei einer Behörde in Düsseldorf erhalten. Diesen Job trat er aber nicht an, weil das Jobcenter die Mietkaution für eine neue Wohnung nicht übernehmen wollte und er deshalb nicht umziehen konnte. 2020 forderte das Jobcenter ihn auf, wegen «sozialwidrigen Verhaltens» – er erschien nicht zum Einstellungstermin – Grundsicherungsleistungen von rund 6800 zurückzuzahlen.
Dagegen klagte der Mann: Er habe den Mietvertrag in Düsseldorf nicht unterschrieben, weil er kein Geld für die Kaution gehabt habe. Das Landessozialgericht bestätigte die Rechtsauffassung des Klägers.
© dpa-infocom, dpa:230313-99-933467/2