Außer der AfD will keine Partei das Alter für die Strafmündigkeit senken

Die Tötung der zwölfjährigen Luise aus Freudenberg ist eine Tat, die fassungslos macht – und die auch Politiker nicht unberührt lässt. Seit am Dienstag bekannt wurde, dass zwei zwölf und 13 Jahre alte Mädchen aus Luises Bekanntenkreis gestanden haben, das Mädchen umgebracht zu haben, wird darüber diskutiert, ob und wie solch schwere Gewalttaten von noch nicht strafmündigen Kindern überhaupt geahndet werden können. Auch die Herabsetzung des Strafmündigkeitsalters von 14 auf zwölf Jahre ist dabei im Gespräch.

Seine Partei plädiere bereits seit Jahren für diese Maßnahme, sagte der rechtspolitische Sprecher der AfD-Fraktion im Bundestag, Thomas Seitz. „Eine Herabsetzung der Altersgrenze ist eine zwingende Folgerung aus der seit Jahren steigenden Delinquenz von Tätern unter 14 Jahren und notwendig, damit das Strafrecht die Bevölkerung wieder besser vor Straftaten schützt“, sagte er WELT. Taten wie aktuell in Freudenberg riefen diese Notwendigkeit grausam in Erinnerung, so Seitz. „Prävention und pädagogische Intervention sind wichtige Instrumente, eine strafrechtliche Sanktionierung aber ebenso.“

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Außer der AfD wollte diese Forderung allerdings keine Partei explizit erheben. „Die Frage, ob das Strafmündigkeitsalter zumindest für schwere Straftaten abgesenkt werden muss, erfordert eine gründliche Prüfung“, warnte der rechtspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Günter Krings (CDU).

Grundsätzlich sei jedoch davon auszugehen, „dass auch Zwölfjährige wissen, dass sie keinen Menschen töten dürfen“, so Krings weiter. „Bei Tötungsdelikten kann kaum von einer jugendlichen Verfehlung gesprochen werden. Es muss daher dringend untersucht werden, ob es eine Zunahme von schweren Straftaten durch Kinder gibt und ob sich der Reifeprozess bei Zwölf- und 13-Jährigen in den letzten Jahren beschleunigt hat.“

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Zwei Kinder sollen in Freudenberg eine Zwölfjährige getötet haben. Die Justiz stößt an ihre Grenzen, denn die Täterinnen sind zu jung für eine Strafe. Rechtsanwalt Prof. Ingo Bott sagt dazu bei WELT: „Eine Reaktion des Rechtsstaats gibt es schon. Nur keine Reaktion des Strafrechts.“

Quelle: WELT

Im konkreten Fall müsse zudem klar sein, dass „sofortige Maßnahmen“ im Hinblick auf die mutmaßlichen Täterinnen notwendig seien, forderte Krings. „Das Bürgerliche Gesetzbuch ermöglicht insoweit die freiheitsentziehende Unterbringung von straffälligen Kindern und Jugendlichen per Gerichtsbeschluss. Die Länder sind in der Pflicht, ausreichend geschlossene Einrichtungen vorzuhalten.“ Diese Möglichkeiten im Bereich der Jugendhilfe müssten konsequent genutzt werden. „Eine falsch verstandene sozialpädagogische Zurückhaltung hielte ich hier für gefährlich.“

Ähnlich äußerte sich Stephan Thomae, parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion. Die Strafunmündigkeit der Mädchen bedeute nicht, dass es keine Reaktion auf die Tat gebe, so Thomae. „Auch bei strafunmündigen Kindern stehen dem Rechtsstaat mit dem Familienrecht sowie dem Kinder- und Jugendhilferecht zahlreiche Eingriffsmöglichkeiten bis hin zur Unterbringung in einem geschlossenen Erziehungsheim zur Verfügung.“ Allerdings seien hier nicht Strafrichter, sondern die Jugendämter gefragt, wie am besten mit den Täterinnen umgegangen werden müsse.

„Auf Jugendhilfe und Gewaltprävention konzentrieren“

„Erschütternde Taten wie diese, bei denen nicht strafmündige Kinder die Tatverdächtigen sind, sind zum Glück sehr selten, jeder einzelne Fall ist aber natürlich tragisch und schockierend“, sagte Helge Limburg, rechtspolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion. Es sei aber nicht absehbar, dass eine Absenkung des Strafmündigkeitsalters dazu beitrage, solche Taten zu verhindern.

„Wir sollten deshalb die Diskussion um die Strafmündigkeit nicht wiederholen, sondern uns auf Jugendhilfe und Gewaltprävention konzentrieren. Das wäre ein echter Beitrag, um solche Gewalttaten zu verhindern.“

Vor Schnellschüssen warnte auch Clara Bünger, die rechtspolitische Sprecherin der Linke-Fraktion. Einzelne Gewalttaten zum Anlass zu nehmen, um vorschnell nach Strafschärfungen beziehungsweise einer Herabsetzung der Strafmündigkeit zu rufen, halte sie für den falschen Weg, so Bünger. „Denn noch wissen wir kaum etwas über das genaue Tatgeschehen, die Tatmotive oder die mentale Verfassung der Täterinnen.“

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Quelle: WELT

Der Ausschluss strafrechtlicher Maßnahmen bedeute aber nicht, dass sie überhaupt keine Konsequenzen für ihre Gewalttaten zu befürchten hätten. „Für solche Fälle sind erzieherische Maßnahmen nach dem Kinder- und Jugendhilferecht beziehungsweise dem Familienrecht vorgesehen und ausreichend. Bei psychischen Störungen kann vom Gericht eine Unterbringung in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie angeordnet werden.“

Auch Kinderschützer plädieren für eine Debatte mit Augenmaß. „Kinder unter 14 Jahren sind von ihrer Entwicklung her schuldunfähig, weil sie das Ausmaß und die Taten nicht vollständig begreifen können“, sagte Martina Huxoll-von Ahn, stellvertretende Geschäftsführerin des Kinderschutzbundes. Statt einer Absenkung des Strafmündigkeitsalters seien erzieherische Maßnahmen angezeigt.

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„Wenn Kinder so extrem gewalttätig werden, ist das bitter und schrecklich. Aber wir sollten uns davor hüten, mit Reflexen zu reagieren, die letztlich alle Kinder und Jugendlichen betreffen“, warnte auch Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Die Strafmündigkeitsgrenze diene dazu, Kinder zu schützen und ihnen erzieherische Maßnahmen angedeihen zu lassen. Deutschland sei mit der geltenden Regelung im europäischen Vergleich jedenfalls gut beraten. In den meisten Ländern liege die Grenze bei 14 bis 15 Jahren, so Hofmann. „Wichtig ist, dass Kinder rechtzeitig Unterstützung bekommen, wenn sie auffällig werden. Das gilt auch für Kinder, die von ihrem kriminellen Umfeld für die Begehung Straftaten missbraucht werden.“

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Source: welt.de

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