Mit scharfen Angriffen gegen die Opposition hat die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns auf die Vorwürfe reagiert, im Zusammenhang mit dem Bau der Nord-Stream-2-Pipeline und der Gründung der umstrittenen Klimastiftung sei es zu Unregelmäßigkeiten gekommen. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) warf der Opposition am Dienstag im Schweriner Landtag eine „Kampagne“ und das Verbreiten von „Unsinn“ sowie „Verschwörungstheorien“ vor.
Der Bau der Pipeline sei „kein russisches Projekt“ gewesen, sondern von der Bundesregierung, der damaligen Landesregierung aus SPD und CDU, der Wirtschaft und einer breiten Mehrheit in der Bevölkerung gewollt worden. „Es ging um friedliche wirtschaftliche Zusammenarbeit“, sagte Schwesig bei einer Dringlichkeitssitzung des Landtags. Es habe „gute Gründe“ für den Bau gegeben – etwa „Gas für den Übergang“ hin zu erneuerbaren Energien. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Julian Barlen warf der Opposition vor, eine „Schmutzkampagne“ im „Feuerschein der russischen Angriffswellen“ begonnen zu haben.
Reihe von Unregelmäßigkeiten
Die Landesregierung Mecklenburg Vorpommerns sowie der Landtag hatten im Januar 2021 die sogenannte Klimastiftung gegründet. Damals war aufgrund angedrohter amerikanischer Sanktionen gegen beteiligte Unternehmen der Bau der Nord-Stream-2-Pipeline zum Erliegen gekommen, mit der russisches Gas nach Mecklenburg-Vorpommern gebracht werden sollte. Die Klimastiftung sollte – als vermeintlicher Nebenzweck – zur Fertigstellung der Pipeline beitragen, als Hauptzweck diente sie angeblich dem Klimaschutz.
Dafür erhielt sie 20 Millionen Euro von der Nord Stream AG, einer Tochtergesellschaft des russischen Staatsunternehmens Gazprom. Mit 165 Millionen Euro floss jedoch deutlich mehr Geld von Nord Stream durch die Stiftung zum Weiterbau der Pipeline. Dafür wurde eigens ein „wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb“ gegründet. Die Stiftung erhielt zehn Prozent Provision. Welche Aufträge sie genau vergab, ist unklar.
Zuletzt war eine Reihe von Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Stiftung bekannt geworden. So hatte eine Finanzbeamtin zuvor verschwundene Steuererklärungen der Stiftung verbrannt. Auch gibt es Hinweise auf Einfluss von Seiten Russlands bei der Gründung der Stiftung.
Die Dringlichkeitssitzung des Landtags war von den Oppositionsparteien CDU, Grüne und FDP beantragt worden. Diese werfen der Landesregierung vor, bei dem Vorhaben von Russland beeinflusst worden zu sein sowie nun eine Aufklärung im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu behindern. Der FDP-Fraktionsvorsitzende René Domke teilte mit, es ergebe sich ein „surreales Bild von Verstrickungen und verborgen gehaltenen Informationen“.
Hannes Damm, Landtagsabgeordneter der Grünen, warf der Landesregierung vor, Informationen zurückzuhalten. Ministerpräsidentin Schwesig wies die Vorwürfe zurück. „Selbstverständlich“ habe es „regelmäßig“ Gespräche der Landesregierung mit der Nord Stream 2 AG gegeben, jedoch „immer im Interesse des Landes“.
Nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine stoppte die Bundesregierung das Pipeline-Projekt, die Landesregierung will die Stiftung nun auflösen. Diese wird von dem früheren Ministerpräsidenten Erwin Sellering (SPD) geführt, der sich gegen die Auflösung wehrt. Er argumentiert, diese sei rechtswidrig. Sellering hatte als Ministerpräsident die Nähe zu Russland gesucht, in seine Regierungszeit fällt etwa die Gründung eines jährlich gefeierten „Russland-Tags“.
Sellering war auch Gründer und Vorsitzender des Vereins „Deutsch-Russische Partnerschaft“, der als „Anbahnungsverein“ für Kontakte nach Russland gilt. Vor der Landtagsdebatte am Dienstag hatte die Klimastiftung mitgeteilt, sie werde „mit vielen Verschwörungstheorien und Unterstellungen skandalisiert“; seit März 2022 rolle „eine Angriffswelle nach der anderen“ gegen sie. Dabei sei es damals richtig gewesen, „sich den Sanktionen der US-Regierung nicht zu beugen“.
Source: faz.net