Kiffer-Städte? Drei Legalisierungs-Szenarien sind jetzt am wahrscheinlichsten

Auf den Powerpoint-Folien sehen die Cannabis-Läden schon sehr schick aus, fast wie die Verkaufsläden von Apple. „Wir wollen unsere Stores in Weiß halten und damit auch bewusst von den eher dunklen Läden in Holland abgrenzen. Bei uns soll die Beratung im Vordergrund stehen“, sagt Lars Müller, Geschäftsführer des Unternehmens SynBiotic, das in ganz Deutschland ein Franchise-Konzept für Geschäfte zum Verkauf von Cannabis ausrollen will.

Ob sich die sterilen Kiffer-Läden aber wirklich so bald in Deutschland finden werden, ist noch keineswegs ausgemacht. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will demnächst einen neuen Vorschlag zur Legalisierung von Cannabis präsentieren. Da die bisherigen Pläne einer vollkommenen Legalisierung der Droge sowohl gegen EU-Recht als auch gegen internationales Recht verstoßen dürften, strebt Lauterbach Änderungen zum bereits vorgelegten Eckpunktepapier an.

Experten rechnen statt der generellen Freigabe von Marihuana ab 18 Jahren mit einer eingeschränkteren Form der Freigabe, etwa zunächst in Form wissenschaftlicher Pilotprojekte in einzelnen Städten.

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Die unzähligen Unternehmen und Start-ups aus der Cannabis-Branche, die ihr Geschäftsmodell ganz auf die Legalisierung ausgerichtet haben, fiebern den neuen Vorschlägen von Lauterbach bereits seit Wochen entgegen. Denn ob und in welcher Form sie in Deutschland aktiv werden können, hängt ganz von dessen Referentenentwurf ab.

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Zahlreiche Unternehmen stellen sich dabei schon auf einen Plan B ein, mit dem ihr Geschäftsmodell auch ohne eine umfassende Legalisierung funktionieren würde. Nur mit einer Variante könnten die Unternehmen sich gar nicht arrangieren.

Wie eine mögliche Alternative zur umfassenden Legalisierung aussehen könnte, damit hat sich Peter Homberg, Rechtsanwalt der internationalen Kanzlei Dentons, ausgiebig beschäftigt. Im Auftrag mehrerer Cannabis-Unternehmen hat Homberg die Rechtslage analysiert.

Legalisierung unter wissenschaftlicher Aufsicht

„Wenn die EU-Kommission das Projekt Legalisierung weiterhin als inkompatibel mit EU-Recht betrachtet, ist es sehr unwahrscheinlich, dass die deutsche Regierung dieses Projekt wie ursprünglich geplant fortsetzt. Ich rechne aufgrund der bisherigen Aussagen von der EU-Kommission damit, dass die Bundesregierung die Legalisierung in einer anderen Form als bisher vorgesehen umsetzen wird“, sagt Homberg.

Als mögliche Alternativen kommen laut Homberg vor allem drei Varianten infrage. „Die Bundesregierung könnte Cannabis im Zuge von wissenschaftlichen Projekten legalisieren. Sie könnte sogenannte Social Clubs wie in Spanien einführen, zu denen nur bestimmte Mitglieder Zugang haben. Oder sie entkriminalisiert den Besitz von Marihuana, was allerdings das Ziel der Legalisierung verfehlen würde“, so Homberg.

Am wahrscheinlichsten hält der Jurist den Versuch einer Legalisierung mittels wissenschaftlicher Projekte. „Diese Projekte können ganze Großstädte umfassen und den Verkauf von Marihuana an alle Menschen ab 18 Jahren in diesem begrenzten Gebiet umfassen.

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Mittels dieser Projekte könnte die Bundesregierung überprüfen, ob sich die von ihr gesteckten Ziele der Legalisierung wie etwa die Verbesserung des Minderjährigenschutzes und die Austrocknung des Schwarzmarktes realisieren lassen“, sagt Homberg.

Bei Cannabis-Unternehmen finden solche Ansätze durchaus Anklang. „Während eines solchen Pilots könnten wichtige Erkenntnisse zum Gesundheits- und Jugendschutz sowie zur Auswirkung auf Justiz und Drogenkriminalität gesammelt werden“, heißt es etwa von Enua Pharma, einem Großhändler für medizinisches Cannabis, der auch in den sogenannten Freizeitmarkt einsteigen will.

Auch das Start-up Sanity Group aus Berlin, das in großen Städten Deutschlands Verkaufsstellen für Freizeit-Cannabis aufbauen will, könnte sein Geschäftsmodell mittels wissenschaftlicher Projekte offenbar ebenfalls umsetzen. „Wir bereiten uns auf verschiedene Szenarien der Legalisierung vor. Modellprojekte könnten eine Möglichkeit sein“, heißt es von Sanity Group.

Besonders eine Lösung würde auf Kritik stoßen

Sanity Group betont, dass es nie eine 100-prozentige Sicherheit gab, dass die Legalisierung kommt, und sich daran nichts geändert habe. Gleichzeitig käme eine Absage der Legalisierung für Unternehmen wie Sanity Group wohl einer Katastrophe gleich.

Erst im vergangenen Jahr hat das Unternehmen eine zusätzliche Finanzierung in der Höhe von rund 37 Millionen Euro abgeschlossen. Rund 130 Mitarbeiter arbeiten mittlerweile für das Unternehmen.

So würden die meisten Cannabis-Start-ups zwar mit einem Plan B zurechtkommen. Jedoch gibt es eine Variante, die für viele von ihnen das Ende der Träume von den Grasgeschäften bedeuten würde: eine Entkriminalisierung von Marihuana ohne entsprechende Legalisierung.

Der Großhändler Enua Pharma lehnt diese Alternative etwa komplett ab. „Eine Entkriminalisierung ohne gleichzeitige Legalisierung hätte alle Nachteile der aktuellen Situation, auch alle denkbaren Herausforderungen einer Legalisierung, aber keinen ihrer Vorteile. Im Prinzip wäre eine solche Entkriminalisierung ein Förderprogramm für Dealer“, heißt es von dem Unternehmen.

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Wie sich eine Entkriminalisierung für Unternehmen darstellt, dazu verweist Enua Pharma auf das Beispiel der Niederlande. „Während in Coffeeshops Cannabis für Konsumenten frei verfügbar ist, müssen die Shops weiterhin an der Hintertür illegal an ihr Produkt kommen.

Dass hier dann keinerlei Qualitäts- und Reinheitskontrollen stattfinden, liegt auf der Hand. Dafür finanzieren die Coffeeshops auf diese Weise einen ansonsten illegalen Markt“, so das Unternehmen, das sich für sichere Produkte und die Bekämpfung der Drogenkriminalität einsetzt – damit aber auch für den eigenen Profit.

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Source: welt.de

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