Museum reveals Fritz and Barbara Klemm with Franz Bernhard | EUROtoday

Wer der Weinbrennerstraße in der Karlsruher Weststadt stadtauswärts folgt, dürfte nicht leicht gewahr werden, dass im Hinterhof der Nummer 58 ein Museumsneubau angesiedelt ist: das Franz Bernhard Haus, eröffnet vor zwei Jahren. Aus einer privaten Sammel­leidenschaft des Immobilienkaufmanns Andreas Schell entstanden, ist hier seit der Jahrtausendwende der größte Bestand an Werken des 1934 geborenen Bildhauers Bernhard entstanden: fast 140 Skulpturen, rund hundert Zeichnungen und Collagen sowie 143 Radierungen – die Kenntnis der exakten Zahl der Letzteren resultiert daraus, dass Schell vom Gesamtradierwerk nur ein Blatt fehlt, ein Unikat, dessen Existenz dokumentiert ist, aber nicht ihr heutiger Verbleib. Bernhard starb 2013, und seine Witwe vertraute danach seinen Nachlass Schell an, der dafür schließlich das Museum errichten ließ.

Pulsieren vor der Betonwand

Es ist ein hinreißend in den Hof eingepasstes zweistöckiges Gebäude, dessen Inneres von zahlreichen Fenstern geprägt ist, die den sich vielfältig zueinander öffnenden beiden Ebenen mit der Wanderung der Sonne die schönsten Lichtspiele auf den Sichtbetonwänden bescheren. Für die meist aus Holz und Eisen kombinierten Bildhauerwerke von Bernhard stellt das kein konservatorisches Problem dar, aber Schell hat den Anspruch, in seinem Museum mehr zu zeigen als nur den Namensgeber. Wenn es sich dann um Bilder wie die von Fritz Klemm handelt, die in der aktuellen Sonderausstellung einen Dialog mit Bernhards Skulpturen führen, ist eine geschickte Hängung gefordert – und das flexible Jalousiensystem des Gebäudes.

A 1989 collaged “wall” by Fritz Klemm subsequent to Franz Bernhard's “Gray Head” from 1988Andreas CH Schell Foundation

Nicht nur der Durchsichtigkeit dieses Museums wegen ist die Ausstellung „Wand und Figur“ ein Erlebnis. Sie bringt mit Klemm auch einen Künstler wieder ins Bewusstsein, der sein Werk während seiner siebzehnjährigen Professur an der Kunstakademie Karlsruhe (1953 bis 1970) fast auf null zurückfuhr, um sich ganz der Lehrtätigkeit widmen zu können, bevor er dann im Ruhestand eine Kreativitätsexplosion erlebte, die er aber selbst in eine strenge Form kanalisierte: Klemms Lieblingsobjekte wurden große Papierarbeiten – gemalt, gezeichnet, collagiert, und oftmals all dies zusammen –, die ihr optisches Leitmotiv aus der Betrachtung der Betonwandstruktur seines bis zum Tod 1990 genutzten Ateliers gewannen, die durch des Malers Spiel mit den Materialien in eine plastisch wirkende Darstellung überführt wurde.

Franz Bernhard, „Relief HMI“ (1968)Andreas CH Schell Foundation/VG Bild-Kunst, Bonn 2024

Vor den Betonwänden des Franz Bernhard Hauses ist dieser Effekt frappierend: Die scheinbar nur geometrische Formen und Linien kombinierenden Wandwiedergaben pulsieren. Und die Nachbarschaft von Bernhards stets in abstrakter Form auf die menschliche Figur bezogenen Werken verstärkt das noch, weil sie mit den Klemm-Bildern Paarungen eingehen, die sich dem gemeinsamen Prinzip der Bricolage verdanken: Auch Bernhard „collagierte“ Skulpturen aus verschiedenen Materialien. Wenn etwa sein „Grauer Kopf“ von 1988 vor der ein Jahr später entstandenen „Wand“ von Klemm steht, ist die Verwandtschaft von Formen und Farben und berückend. Hier zeigt sich eine durch Bernhards Studium bei Klemm wirksam gewordene Materialpraxis, die auch schon das Frühwerk des Bildhauers prägte, wie hier gezeigte Reliefs aus den Sechzigerjahren belegen.

Vierzehn Werke von Bernhard stehen neunzehn Bildern von Fritz Klemm gegenüber, die Schell für die Schau entliehen hat – alle von den Töchtern des Malers, unter denen die Fotografin Barbara Klemm eine künstlerische Berühmtheit eigenen Rechts ist. Deshalb hat Schell sie gebeten, auch etwas zu der Ausstellung beizusteuern, und sie hat ihre berühmten 2004 für diese Zeitung entstandenen Aufnahmen von James Turrells Land-Art-Projekt „Roden Crater“ in Arizona ausgewählt. Weder Wand noch Figur sind da entscheidende Bildfaktoren, aber ihr Gestus einer Feier der Geometrie macht die elfteilige Fotoserie zur perfekten Ergänzung, zumal in den Aufnahmen der Öffnungen der unter­irdischen Anlage zum Wüstenhimmel hin ein Lichtspiel inszeniert ist, das wie ein Vorbild zur Licht­lenkung im von Schell konzipierten Franz Bernhard Haus erscheint. Als Raumbildner erweisen sich somit nicht nur die drei hier gezeigten Künstler.

Wand und Figur – Fritz Klemm, Barbara Klemm, Franz Bernhard. Im Franz Bernhard Haus, Karlsruhe; bis zum 27. Dezember. Kein Katalog, aber ein Gratis-Faltblatt.

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst-und-architektur/museum-zeigt-fritz-und-barbara-klemm-mit-franz-bernhard-19735957.html