Preview of the autumn auctions in Paris | EUROtoday

Wie jedes Jahr begleiten bald wieder hochkarätige Auktionen die Pariser Herbstmesse für moderne und zeitgenössische Kunst. Dieses Mal aber bietet die semaine de l’art in der dritten Oktoberwoche einige Novitäten: Die nun selbstbewusst unter dem Namen Art Basel Paris auftretende Messe zieht unter das Glaskuppeldach des frisch restaurierten Grand Palais. Ganz in der Nähe haben die großen Auktionshäuser ihre Niederlassungen, und an der Kreuzung der Avenue de Matignon mit der Rue du Faubourg-Saint-Honoré eröffnet Sotheby’s seinen neuen Pariser Hauptsitz.

Magritte ist immer en vogue

Dort werden unter dem Titel „Surrealism and its Legacy“ am 18. Oktober 26 Lose versteigert. Zum hundertsten Geburtsjahr der in Paris entstandenen Kunstbewegung darf ein Werk des Publikumslieblings René Magritte als Toplos nicht fehlen: Die Gouache „L’incendie“ von 1947 mit pastellfarbenen Bäumen, die wie riesige Blattmahnmale in einer ausgetrockneten Landschaft aufragen, hat eine prestigevolle Provenienz. Sie gehörte einst dem Kunsthändler Alexandre Iolas, dann der Kosmetikgeschäftsfrau Elizabeth Arden und wird auf drei bis fünf Millionen Euro geschätzt. Surrealistinnen wie Leonor Fini, Dorothea Tanning oder Leonora Carrington steigen kontinuierlich im Wert und nehmen einen wichtigen Platz in der Offerte ein.

In der Auktion „Modernités“ mit 40 Losen steht bei Sotheby’s eine herausragende Werkgruppe aus einer Privatsammlung mit vier Gemälden von Jean Dubuffet und zwei Keramikskulpturen von Lucio Fontana im Mittelpunkt. Dubuffets „Francis Ponge Jubilation“ hat eine außerordentliche Ausstrahlung: Der Künstler und Art-brut-Sammler Dubuffet ritzte sein Porträt des französischen Dichters als Lachgesicht in einen körnig-sandigen Untergrund. Das Bildnis stammt aus dem Jahr 1947 und wird mit fünf bis sieben Millionen Euro bewertet. Die beiden Keramikskulpturen Lucio Fontanas – „Maschere“ der Commedia dell’arte – zeigen Komödianten, deren Körper und Gesten virtuos geformt wurden (je 500.000/700.000).

Restituierte Werke des Impressionismus

Auch Impressionisten schließt die „Modernités“-Auktion mit ein. Zwei besondere Lose gehörten dem jüdischen Kunsthändler Grégoire Schusterman, der auf der Flucht vor den Nationalsozialisten 1941 gezwungen war, seine Sammlung zu verkaufen. Das Aktgemälde „Cariatide“ von Auguste Renoir und die Flusslandschaft mit Schiffen „Les péniches“ von Alfred Sisley wurden nach dem Krieg in Deutschland sichergestellt und nach Frankreich gebracht, wo sie als nicht restituierte Kunstwerke aufbewahrt wurden. Nachfahren Schustermans konnten kürzlich die Provenienz klären, sodass beide Gemälde in ihren Besitz zurückkamen. Die Taxe für das Bild Renoirs wird mit einer bis 1,5 Millionen Euro und für die Sisley-Landschaft mit 800.000 bis 1,2 Millionen Euro angesetzt.

Gemeinsam sollen beide Auktionen bei Sotheby’s 40 bis 60 Millionen Euro erlösen. Bei Christie’s vereint die jährliche Abendauktion „Avant-Garde(s) including Thinking Italian“ am 18. Oktober die hochkarätigsten Werke der Saison. 50 Lose könnten zwischen 35 und 52,5 Millionen Euro einspielen. Ein abstraktes Gemälde „Ohne Titel“ von Joan Mitchell mit einem Kontrast warmer und kalter Farbexplosionen ging nach seinem Entstehen 1960 in die private Sammlung von Jacques Dubourg ein. Der französische Kunsthändler, der die amerikanische, in Paris lebende Künstlerin förderte, behielt es bis zu seinem Lebensende. Die Taxe lautet 3,2 bis 5 Millionen Euro. Alberto Giacometti hat zwar viele Zeichnungen hinterlassen, aber nur wenige Werke auf Leinwand. Das Gemälde „Buste sur la selle de l’atelier“ von 1964 war Teil der Sammlungen von Pierre Matisse und Ernst Beyeler (2/3 Millionen).

Passend zur Ausstellung in der Bourse de Commerce

Die italienische Nachkriegsmoderne wird von einem feuerroten, seit seiner Entstehung 1968 in derselben Sammlung verbliebenen „Concetto spaziale“ von Lucio Fontana (600.000/900.000 Euro) und einem weißen „Achrome“ von Piero Manzoni (2,5 bis 3,5 Millionen Euro) angeführt. Parallel zu einer Arte-povera-Ausstellung in der Sammlung Pinault – beim Hausherrn von Christie’s – in der Bourse de Commerce werden vier Werke von Alighiero Boetti aufgerufen, neben weiteren Werken von Giovanni Anselmo, Luciano Fabro, Mario Merz oder Giuseppe Penone.

Bei Artcurial stehen in der Auktion „Selected 20/21“ am 18. Oktober 33 Werke des 20. und 21. Jahrhunderts auf dem Programm. André Derains Gemälde „Le Port de Collioure“ von 1905 fängt in den expressiven Farben der Fauvisten die Stimmung im Hafen des südfranzösischen Städtchens ein. Der Kunsthändler Ambroise Vollard kaufte das Werk schon früh; zuletzt war es fünfzig Jahre lang ein einer Privatsammlung (1,4/2,5 Millionen). Von der französischen Bildhauerin Germaine Richier steht bei Artcurial die mehr als zwei Meter hohe Skulptur „Don Quichotte“ zur Auktion. Das Meisterwerk von 1950/51 stellt Cervantes’ tragikomischen Helden auf dürre Beine und gibt ihm zugleich die Haltung aufrechter Würde. Der Bronzeguss wurde 1960, ein Jahr nach Richiers Tod, im Auftrag ihres Händlers Henri Creuzevault für dessen persönliche Sammlung gefertigt und kommt nun mit einer Taxe von 1,8 bis 2,5 Millionen Euro zur Auktion.

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