Die in Stuttgart ansässige Cenit AG ist eines der wenigen Unternehmen, die die Turbulenzen des Neuen Marktes einst unbeschadet überstanden haben. Mit dem Einstieg des Ankeraktionärs Primepulse vor einigen Jahren sind ehrgeizige Ziele ausgegeben worden wie die Aufnahme in den Technologieindex Tec-Dax. Doch davon ist das im Prime Standard notierte mittelständische IT-Beratungs- und Softwarehaus im Augenblick noch weit entfernt. Vorstandschef Peter Schneck sagt denn auch: „Vom Tec-Dax sind wir noch eine ganze Weile entfernt.“
Für den Juristen gilt es nun erst einmal, das Unternehmen durch die Konjunkturflaute zu führen. Der Aktienkurs von Cenit erreichte Mitte Januar mit 15,10 Euro seinen Höchstwert. Innerhalb fast eines Jahres hat das Papier nun aber deutlich an Wert verloren. Seit Jahresbeginn hat die Aktie um 36 Prozent im Kurs nachgegeben. Am Dienstag notierte das Papier mit 7,85 Euro.
Das Unternehmen hat sich unter anderem der Software für das Produktlebenszyklus-Management (PLM) verschrieben. „Cenit sorgt für die Digitalisierung der Fertigung aus einer Hand“, sagt Schneck: „Das reicht von der Verarbeitung der Daten im Bereich Design, aus denen dann Prototypen entstehen. Dann werden die Roboter für die Fertigung mit den von uns aufbereiteten Daten programmiert, und auch das ganze Dokumentenmanagement vom Handbuch bis zum Datenblatt wird von uns eingescannt und verarbeitet.“
Zulieferer in der Krise
Zu den wichtigen Branchen gehört alles rund um die Automobilindustrie. „Automotive bringt ungefähr 30 Prozent Umsatz“, sagt Schneck. Doch diese und die dazugehörigen Zulieferer stecken mitten in der Krise. Das wirkt sich auf Cenit aus. Im dritten Quartal habe es unter den Kunden im Bereich Zulieferer zwölf Insolvenzen gegeben. Eine zweite wichtige Säule ist für die Schwaben die Luftfahrtindustrie. Bei ihr gibt es aber auch Schwierigkeiten. Die Luftfahrtbranche sei schwierig, weil es an den notwendigen Turbinen fehle, um sie in die fast fertigen Flugzeuge einzubauen, sagt Schneck. Dann würden die halb fertigen Flugzeuge geparkt. Die Folge: „Wenn keine Flugzeuge fertig produziert werden, können wir nur eingeschränkt abrechnen.“
In den ersten neun Monaten des laufenden Jahres hat der Umsatz des Unternehmens um 13,6 Prozent auf 151,4 Millionen Euro zugelegt. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern hingegen ist um 13,8 Prozent auf 3,9 Millionen Euro gesunken. Für das Gesamtjahr rechnet das Unternehmen mit einem Umsatz von 205 bis 210 Millionen Euro. Dies sei ein Plus von den Erlösen von mehr als zehn Prozent zum Vorjahr. Beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern werden zwischen acht und 8,5 Millionen Euro angestrebt. Das Ebit werde durch die erfolgten Zukäufe weiter belastet, sagt Schneck. Deshalb will er beim Thema Akquisitionen im kommenden Jahr etwas weniger aktiv sein. Es seien nur ein bis zwei Neuerwerbungen geplant. In den vergangenen drei Jahren waren neun Unternehmen zugekauft worden.
Im kommenden Jahr erwarte Cenit einen Umsatz von 230 bis 240 Millionen Euro, sagt der Vorstandsvorsitzende. Im laufenden Jahr würden 98 Prozent der Erlöse noch in Europa erwirtschaftet. Durch den Zukauf in den USA soll sich das schrittweise verändern und dann erstmalig der Umsatzanteil des alten Kontinents auf weniger als 90 Prozent sinken. Schneck ist mit seinen Prognosen vorsichtig: „Alle Kunden sind sehr zurückhaltend. Sie schauen maximal ein Quartal in die Zukunft. Das bekommen wir zu spüren.“ Er setzt weiter auf steigende Erlöse mit eigenen Softwarelösungen. Im vergangenen Jahr seien es schon 14 Prozent des Umsatzes gewesen. Damit sei das Unternehmen dem selbst gesteckten Ziel von 20 Prozent in den vergangenen Jahren ein großes Stück näher gekommen: „Eigene Softwarelösungen helfen uns, die Marge zu verbessern.“ Wenn man Fremdsoftware verkauft, beträgt diese nach Angaben von Branchenfachleuten nur zwischen drei und fünf Prozent. Ende September zählte der Mittelständler etwas mehr als 1000 Beschäftigte, und die Eigenkapitalquote betrug solide 32,4 Prozent.
Der Streubesitz wurde aktuell mit 64 Prozent angegeben. Größter Einzelaktionär ist die Primepulse SE in München mit 28,08 Prozent der Anteile. Sie investiert in technologieorientierte Unternehmen und hat in der Vergangenheit die Anteile schrittweise erhöht. Alle fünf von der Finanznachrichtenagentur Bloomberg aufgeführten Analysten empfehlen derzeit den Kauf der Aktie. Sie erwarten in den kommenden zwölf Monaten einen Kurs zwischen 17 und 22 Euro. Das Analysehaus M.M.Warburg rät zum Kauf, hat aber das Kursziel um einen Euro auf aktuell 17 Euro gesenkt. Die Analysten der GBC AG empfehlen das Papier zum Kauf und geben 22 Euro als Kursziel an. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) beträgt 24. In der Regel haben Aktien, denen ein starkes Wachstum zugetraut wird, ein hohes KGV. Neben dem Kurs werden für die Berechnung die Gewinnschätzungen der Analysten einbezogen, meist für die Gewinne der kommenden zwölf Monate.
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