Where is the departure? A troika for Germany! | EUROtoday

Etwas mehr als zehn Jahre ist es her, dass den PIGS-Staaten in Europa Strukturreformen aufgezwungen wurden. Die PIGS (Portugal, Irland, Griechenland und Spanien) mussten sich von der Troika aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank sagen lassen, was in ihren Ländern alles schiefläuft und wie dies mittelfristig zu beheben sei. Das Rentensystem war zu teuer, der öffentliche Dienst zu groß, Verwaltungen sollten auf Effizienz getrimmt und insgesamt die Angebotsbedingungen und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaften verbessert werden.

Diese Reformen trugen und tragen Früchte. In puncto Wachstum liegen Spanien (plus 3,4 Prozent zum Vorjahr), Irland (plus 2,5 Prozent), Griechenland (plus 2,4 Prozent) und Portugal (plus 1,9 Prozent) zuletzt in der Spitzengruppe der EU. Deutschland liegt mit minus 0,3 Prozent je nach Statistik an letzter Stelle oder ist zumindest unter den drei Letzten zu finden.

Der deutsche Einfluss seinerzeit auf die Troika galt als groß. Zwei der sechs Mitglieder kamen aus Deutschland, dazu mit Wolfgang Schäuble ein Finanzminister, der zwar nicht Mitglied der Troika war, aber als harter Taktgeber im Hintergrund viel Einfluss nahm. Im eigenen Land wurden die Ratschläge indes nicht befolgt. Die CDU-Regierungen bauten, meist im Einvernehmen mit der SPD, den Sozialstaat kräftig aus, führten die Rente mit 63 ein, ließen die Sozialversicherungsausgaben steigen und den öffentlichen Dienst wachsen.

Wenig Elan für grundlegende Reformen erkennbar

Der Blick in die nun veröffentlichten Wahlprogramme zeigt: Die CDU will keine Rentenreform und will auch nicht in der immer teurer werdenden Kranken- und Pflegeversicherung sparen. Sie will ihrer älteren Kernklientel nicht wehtun. Und die SPD will das auch nicht. Politisch ist das wahrscheinlich vernünftig, denn Wahlen mit (harten) Strukturreformen zu gewinnen ist schwierig. Gerhard Schröder erreichte damit 2005 aber immerhin noch 34,2 Prozent für die SPD.

Was heißt das nun für Deutschland? Eine Troika täte not, um mit fachlichem Sachverstand dringend benötigte Weichenstellungen vorzunehmen. Denn ohne starke Unternehmen, die Arbeitsplätze erhalten und schaffen und Steuern zahlen, lässt sich ein sehr großer Sozialstaat nicht finanzieren. Es gibt keine Rücklagen für die Rentenkasse. Alle Einzahlungen der Boomer sind längst verfrühstückt.

Die Troika kam, weil die Staatsfinanzen in Griechenland und anderen Ländern wackelten und der Markt das Vertrauen in die Schuldentragfähigkeit verlor. So weit sind wir in Deutschland längst noch nicht. Aber seit Jahren wird an Investitionen in Bildung und Infrastruktur gespart. Der IWF kritisiert das scharf, vor allem den niedrigen Bildungsetat. Doch Priorität hatten die „schwarze Null“ und Sozialausgaben – auf Kosten künftiger Wachstumschancen.

Was heißt das für die Geldanlage? Bundesanleihen sind weiterhin mit das Sicherste, was am Markt zu haben ist. Unternehmen, die vom deutschen Heimatmarkt abhängen, haben es aber schwer. Wachstum gibt es woanders. Hierzulande gibt es vor allem günstige Bewertungen, weil immer mehr Anleger einen Bogen um viele deutsche Aktien machen. Das muss nicht so bleiben. Die Qualität der hiesigen Unternehmen gilt grundsätzlich als hoch. Was fehlt, ist ein Troika-Moment und damit der Glaube, dass es zu einem Aufbruchssignal kommen könnte, das Investitionsbremsen löst und Wachstum entfacht.

https://www.faz.net/aktuell/finanzen/wo-bleibt-der-aufbruch-eine-troika-fuer-deutschland-110183063.html