The Magdeburg murderer: Chronology of radicalization | EUROtoday

Taleb Al A. ist ein Getriebener. Das wird schnell deutlich, als er mit der F.A.Z. am 21. Mai 2019 ein zweieinhalbstündiges Telefongespräch führt. Zwischendurch bricht die Verbindung ab, Al A. ist aber direkt wieder da. Er kann nicht aufhören zu erzählen, springt zwischen den Themen – zwischen seiner tiefen Abneigung gegenüber dem Islam, der dramatischen Lage der saudi-arabischen Frauen, seiner Familie, die ihn verstoßen habe, seit er nicht mehr Muslim, sondern Ex-Muslim ist: „Meine Familie hasst mich, mein Bruder hasst mich, meine Cousins hassen mich, nur weil ich nicht glauben kann, dass zum Beispiel die Hand eines Diebes geschnitten werden sollte.“

Al A. ist belesen, auch im Deutschen. Schon als Kind seien Kunst und Wissenschaft seine Hauptinteressen gewesen. Er erwähnt gerne Immanuel Kant und hat eine Vorliebe für dramatische Wörter wie „vernichten“ und „schlachten“. Sie scheinen ihm als einzige angemessen zu sein für das, war er zu sehen glaubt: dass der Islam den Westen bedrohe, dass er ihn in den Untergang treiben werde. Die Lage sei „extrem gefährlich“. Al A. berichtet von Berlinern, die ihm erzählt hätten, dass man als Deutscher in Neukölln nicht mal mehr ein Bier kaufen könne, ohne von einem Muslim zurechtgewiesen zu werden, Allah wolle nicht, dass die Menschen Alkohol trinken. „Unerträglich“ sei das, sagt Al A.

Die ständige Sorge, ihm werde nicht geglaubt

Taleb Al A. und seine mutmaßliche Tat sind schwer zu greifen. Sie erscheint genauso widersprüchlich wie das Innere dieses mutmaßlichen Amokfahrers. Am Freitagabend soll Al A. mit seinem BMW in eine Menschengruppe auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt gerast sein. Mindestens 400 Meter soll er zurückgelegt haben, fünf Menschen sind inzwischen gestorben, 41 schwer- oder schwerstverletzt. Zunächst heißt es, Al A. sei den Behörden nicht bekannt. Aber seine Äußerungen online und gegenüber dieser Zeitung sind wohl doch wahrgenommen worden. Sie offenbaren eine tiefe Zerrissenheit, die zu einer zunehmenden Radikalisierung führte.

Al A. arbeitete zuletzt als Facharzt für Psychotherapie in einer Klinik mit forensischer Psychiatrie und Maßregelvollzug in Bernburg. 2006 war er nach Deutschland gekommen, um seine Facharztausbildung zum Psychotherapeuten zu machen. Er ist im November 1974 in einer kleinen Oase im Osten Saudi-Arabiens geboren und aufgewachsen, umgeben von spektakulären Gesteinsformationen. Schon 1997, mit Anfang zwanzig, sagt er, habe er sich vom Islam abgewandt. Er habe zunächst kaum jemandem davon erzählt, weil auch in seinem Dorf Nicht-Muslime seit Jahrhunderten aufs Brutalste verfolgt würden. Später, berichtet er in dem F.A.Z.-Interview, habe er viele Stunden Arbeit investiert, um zu beweisen, wie er und andere Kinder systematisch über die angebliche Friedlichkeit des Islams belogen wurden.

Beweise und Argumente spielen für Taleb Al A. eine große Rolle. Er scheint von der ständigen Sorge getrieben, ihm werde nicht geglaubt oder sein Gegenüber würde die Tragweite seiner Aussagen nicht verstehen. Auch viele westliche Journalisten nicht. Er leidet darunter, so sagt er es, dass Muslime nicht begreifen würden, wie schlimm der Islam sei.

Zwischen Islamhass und sanften Gesprächsangeboten

Dabei versucht er unablässig den Westen, die muslimische Welt und vor allem seine saudischen Mitbürger und seine im Frühling 2019 fast 15.000 Twitter-Follower zu überzeugen. Sein Tonfall pendelt dabei zwischen radikalem Islamhass und sanften Gesprächsangeboten.

Ein paar Jahre vor dem Gespräch mit der F.A.Z. startet er auf der Crowdfunding-Plattform „Indiegogo“ eine Kampagne: Er will ein gigantisch anmutendes Buchprojekt mit dem Titel „Creative Refutation of Islam“ – „Kreative Widerlegung des Islam“ finanzieren. Wieso? Er schreibt auf Englisch auf der Website von Indiegogo: „Denkt an die Millionen Dollar, die in Hasskampagnen gegen den Islam gesteckt werden. Lasst unser Motto stattdessen sein: ,Debattieren… nicht hassen!’”. Sein 1500-Seiten-Buch solle eine Anleitung werden, wie man effektiv mit Muslimen über die Gefährlichkeit des Islams diskutieren könne. Für Araber werde er seine Ausführungen vereinfachen, da er gemerkt habe, dass sie auf Argumente im westlichen Stil nicht gut anspringen würden, stattdessen eher auf Sinneseindrücke reagierten.

Al A. setzt große Hoffnungen in sein Projekt: „Wenn dieses Buch so erfolgreich wird, wie ich es erwarte, wird es die islamischen Dogmen schwächen und so Platz machen für die Toleranz der Meinungsfreiheit.” Sein Buch werde eine revolutionäre Kraft entfalten. Denn zahlreiche Menschen hätten ihm attestiert, dass er „exzellent“ darin sei, objektive überzeugende Argumente vorzubringen.

Keiner will seine Ideen unterstützen

Am 5. März 2016 erscheint das einzige Update zu der Indiegogo-Kampagne: Al A. hat die ersten 50 Dollar Spenden erhalten. So schreibt er es. Noch drei weitere Unterstützer werden ihm laut Indiegogo insgesamt 129 Euro senden. Danach schläft das Projekt ein. Als Finanzierungsziel hatte Al A. 95.882 Euro angegeben.

Noch schlechter läuft es mit einem anderen Indiegogo-Projekt, eine „Akademie“ für Ex-Muslime. Al A. will fast drei Millionen Euro sammeln, um eine „Fabrik“ aufzubauen, in der Araber, die sich vom Islam abgewendet haben, „Tag und Nacht“ daran arbeiten sollen, die besten Argumente gegen den Islam zu finden und zu verbreiten. Er stellt sie sich wie eine Philosophische Schule in der Antike vor, „nur mit Apple-Computern anstatt mit Schriftrollen“. Aber keiner will seine Idee unterstützen.

Doch das Scheitern seiner Crowdfunding-Kampagnen scheint für Al A. schnell in den Hintergrund zu rücken. Im Gespräch mit der F.A.Z. im Frühling 2019 sagt er, das mit seinem Buchprojekt sei schade. Aber er habe es einfach nicht geschafft, weil sein Laptop kaputt gegangen sei. Und außerdem, fügt er nach kurzem Überlegen hinzu, frage er sich sowieso, ob er nicht zu dogmatisch sei. Das Fazit seines Buches hätte lauten sollen: Der Islam ist eine falsche Religion. Aber jetzt sagt er: „Ich möchte lieber zeigen, wie man denken soll und wie man mit der Frage denken soll, anstatt dass ich meine Meinung gebe.“ Es sei wahrscheinlich gut, dass er das Buch doch nicht geschrieben habe. Sonst hätte ihn nach dem Schreiben mehrerer hundert Seiten vielleicht ein schlechtes Gewissen befallen – und er hätte wieder von vorne anfangen müssen.

„Mein Rat: Beantragen Sie kein Asyl in Deutschland“

Dieses ständige Schwanken zwischen Radikalismus und den Zweifeln an den eigenen Einstellungen zieht sich durch Al A.s Aussagen, durch seine Tweets und Blogposts. Der Radikalismus scheint auch 2019 in vielen Punkten schon die Oberhand gewonnen zu haben, aber es gibt auch die Momente, wo er sich doch auf die Seite der Muslime schlägt, Mitgefühl mit seinen ehemaligen Glaubensbrüdern und -schwestern zeigt, sich etwa deutlich gegen ein Kopftuchverbot positioniert und einräumt, dass es auch in anderen Religionen viele dunkle Flecken gibt.

Wann genau Taleb Al. A. sich endgültig radikalisierte, ist schwer zu sagen. Wann sich das Bild von den deutschen Behörden in Al A.s Kopf gewandelt hat, wann er anfing, auf das Asylsystem hierzulande zu schimpfen und auf seinem Forum für flüchtende Saudi-Arabier ganz oben in großen Buchstaben das erste Mal schrieb: „Mein Rat: Beantragen Sie kein Asyl in Deutschland.“

2019 zeigt er sich jedenfalls noch dankbar für die Hilfe, die das deutsche Asylsystem ihm und anderen Asylsuchenden gewährt. „Ich habe nichts zu kritisieren. Ich sage: Ja, Deutschland ist ein gutes Land, wenn man mich fragt“, sagt er. Im Interview erzählt er empört von einer saudi-arabischen Asylsuchenden, die sich bei ihm beschwert habe, in der Ausländerbehörde werde man nicht wie ein Mensch, sondern wie eine Nummer behandelt. Dabei zeige sich Deutschland doch „sozial“. Seinen eigenen erfolgreichen Asylantrag beschreibt Al A. als eine Art Befreiung. „Nach dem Asylantrag konnte ich das erste Mal in meinem Leben, das erste Mal öffentlich gegen Islam und gegen die [saudi-arabische] Write to the federal government.”

In 2023 he publicly fantasized about killing Germans for the primary time

But 4 years after the interview, in August 2023, he wrote a publish on “X” wherein he overtly considered killing Germans. The publish begins with one for Taleb Al. A. ordinary accusation: The co-founder of the “Secular Refugee Aid Germany”, Rana Ahmad, hid donations that she collected for 4 Saudi ladies. However, the prosecution would “fail to conduct a serious investigation.” Then Taleb Al begins. A. a survey: “A purely philosophical questionnaire: Would you blame me if I randomly killed 20 Germans because Germany is taking action against the Saudi opposition?”

The publish exists on Taleb Al’s profile. A. no extra. Apparently he deleted it himself. It continues to be archived. Through a bot referred to as “Thread Reader App”. It is meant to assist customers on “X” learn lengthy threads extra simply, compactly on one web page. To do that, customers merely have to hyperlink the bot and sort the “unroll” command. A person had this in September 2023 below Taleb Al’s publish. A. completed. He then acquired a hyperlink to the publish, which has since been deleted and might nonetheless be learn there right now.

It is presently unclear whether or not this “questionnaire” gave rise to the warnings wherein Saudi authorities, in line with numerous sources, identified Taleb Al A. to German authorities. But the publish is an expression of a recurring sample that reveals the alleged perpetrator’s X account. He repeatedly states on the platform that he desires to guard ladies from Saudi Arabia who plan to show away from Islam. He additionally repeatedly accuses German authorities of failing. Especially on the subject of defending these ladies.

An automated handgun may be seen on the duvet picture of his account

On August 3, 2024, round eight o’clock within the night, he wrote a direct message on “. What actions he means remains unclear. The FAZ leaves his message unanswered.

In his short biography on “X” Al A. describes his concern as follows, translated right here from English: “Saudi military opposition. Germany is hunting Saudi asylum seekers inside and outside Germany in order to destroy their lives. Germany wants to Islamize Europe.” An automated handgun may be seen on the duvet picture of his account. Taleb Al. A. will not be unknown in his bubble. Many folks observe what he writes right here. His account reaches tens of hundreds.

His posts are all the time opinionated, a few of them complicated. After police officer Rouven L. was killed by an Afghan in Mannheim in June, Taleb quotes Al. A. for instance an article by Alice Weidel wherein he writes that the police are “the real drivers of Islamism in Germany.” They use “dirty tactics” in opposition to him and different “critics of Islam”. Tareb Al concludes from this. A: “The left are crazy. We need AfD to protect the police from them.” The alleged perpetrator all the time sympathizes with the AfD and takes up the social gathering’s narrative on the subject of Muslim refugees: On December nineteenth, Taleb Al. A. a photograph created utilizing synthetic intelligence. You can see Angela Merkel. She wears a headdress paying homage to an Arabian tarbush and holds a protect in her palms. “I destroyed Europe” may be learn on it.

His accusation: The German authorities are “Islamizing” Germany

In his most lately revealed publish, he additionally accused German authorities of “Islamizing” the nation. In the publish he reveals screenshots of some posts that he had already revealed prior to now. Now as display screen movies from his smartphone, which he additionally set to music: “Hi, I’m Taleb Al A. […] and this story began a long time ago,” he begins the primary video in English. Taleb Al A. then reveals once more his choice for the historical past of philosophy and refers to Socrates. Says he was executed for criticizing faith. Then he says, “I blame the Germans for killing Socrates.”

In the next movies, the alleged perpetrator speaks once more of the police, who would persecute him as a critic of Islam. He talks confusedly a couple of USB stick {that a} police officer stole from his mailbox. It occurs repeatedly with Taleb Al. A. Here too it’s about “evidence”. For the alleged failure of the authorities and the “corruption” of the “Secular Refugee Aid”, which he additionally accuses of pressured prostitution of underage refugees.

Taleb Al A. revealed this final publish yesterday night only a few moments after the rampage – how he did it’s nonetheless unclear.

https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/der-attentaeter-von-magdeburg-chronologie-einer-radikalisierung-110189978.html