Maria Díaz’ Heimat ist Venezuela. Sie hatte dort einen Stand, an dem sie Empanadas und Arepas verkaufte, Teigtaschen und Maisfladen. Nichts Großes, sagt sie, aber genug, um über die Runden zu kommen. Doch das Regime von Nicolás Maduro hat das Land tief in den Ruin gewirtschaftet. Die öffentliche Versorgung ist ein einziger Mangel: Strom, Wasser, Medikamente, in den Krankenhäusern, in den Schulen.
Zusammen mit anderen Frauen, erzählt Díaz, sei sie auf die Straße gegangen, um all das einzufordern. Bewaffnete Milizen zerschlugen den Protest. Und begannen von da an, Díaz zu bedrohen. Sie durfte ihren Stand nicht mehr aufbauen. Die Milizionäre kamen zu ihr nach Hause. Die Behörden hätten all das gewusst, sagt Díaz, aber nichts dagegen getan.
Sie wusste, dass die Flucht aus Venezuela gefährlich sein würde. Sie hatte viele Geschichten gehört, gelesen. Es wurde noch schlimmer.
Mit ihrem Mann und ihrem 14 Jahre alten Sohn machte sie sich auf den Weg über Kolumbien in Richtung Norden. Sie schlossen sich einer größeren Gruppe an. Im Dschungel an der Grenze zu Panama wurden sie von einer Bande Bewaffneter festgehalten, die ihnen Geld, Essen, Klamotten und all ihre Dokumente raubten. Die auf die Männer einprügelten und fünf der Frauen und Mädchen vergewaltigten. Die jüngste, sagt Díaz, sei gerade einmal zwölf Jahre alt gewesen.
„Der blanke Schrecken“
In Nicaragua wurden sie noch einmal verschleppt. Und als sie schon über den Grenzfluss nach Mexiko schauen konnten, ging es geradeso weiter: Einer der Menschenschmuggler, die sie auf einem Floß hinüberbringen sollten, gab sie stattdessen in die Hände von Kidnappern. Die sperrten sie in einen Verschlag, forderten 60 Dollar professional Kopf. „Der blanke Schrecken“, sagt Díaz.
Schließlich gaben sich die Entführer doch mit den letzten guatemaltekischen Quetzales zufrieden, die Díaz noch einstecken hatte. Sie drückten ihnen Stempel auf die Unterarme, als Zahlungsbestätigung. Damit konnten die drei dann auf eines der Flöße aus Lastwagenreifen steigen und nach Mexiko übersetzen.
Wie Maria Díaz und ihre Familie kommen jedes Jahr Hunderttausende über die mexikanische Südgrenze ins Land. Wie alle Flüchtlinge und Migranten in diesem Text heißt sie eigentlich anders, die Furcht vor der Gewalt in ihren Heimatländern und den kriminellen Netzwerken auf der Fluchtroute lässt sie auch in Mexiko nicht los. Für die meisten von ihnen ist das Land nur eine Zwischenstation, ein weiteres Hindernis, intestine 3000 Kilometer lang und nicht weniger gefährlich als der Weg zuvor. Das Ziel ihrer Reise liegt hinter der mexikanischen Nordgrenze.
In die USA zu kommen, ist in den vergangenen Jahren aber immer schwieriger geworden. Jetzt droht Donald Trump, die Grenze noch weiter aufzurüsten, Millionen Migranten abzuschieben und die mexikanische Wirtschaft mit Strafzöllen zu überziehen, „bis die Invasion der illegalen Einwanderer aufhört!“
Die Zahl der Flüchtlinge, die in Mexiko bleiben, steigt. Weil sie müssen. Und zunehmend auch, weil sie wollen. So wie Maria Díaz, die das Land ja schon aus den Filmen ihrer Mutter kannte. Und die jetzt mit ihrer Familie in einem Flüchtlingsheim in Tapachula Unterschlupf gefunden hat, einer Stadt in Südmexiko. Dort wartet sie auf die Bearbeitung ihrer Asylanträge.
Vom Transit- zum Zielland
Im Jahr 2023 haben in Mexiko insgesamt 140.777 Menschen Asyl beantragt, ein Höchststand. Damit gehörte es laut UNHCR, dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, zu den sechs Ländern mit den meisten Asylanträgen weltweit. „Mexiko wird vom Transit- zum Zielland“, sagt Regina De La Portilla vom UNHCR. Und das, obwohl die mexikanische Politik im Umgang mit den Menschen, die ins Land kommen, widersprüchlich ist: Einerseits hat Mexiko sehr weitgehende Asylgesetze. Andererseits fehlt es an Ressourcen und offensichtlich auch am politischen Willen, diese umzusetzen. Würde das UNHCR nicht 60 bis 70 Prozent des Budgets der Asylbehörde COMAR finanzieren, bräche das System komplett zusammen.
Unter dem Druck der USA haben sich die mexikanischen Behörden zuletzt vor allem auf eines konzentriert: die Flüchtlinge von der amerikanischen Grenze fernzuhalten. Sie karren die Menschen busweise aus dem Norden in Städte weiter südlich, wo sie dann wieder sich selbst überlassen werden. Bei einer Umfrage des UNHCR unter Flüchtlingen und Migranten im Süden Mexikos gab mehr als ein Drittel an, obdachlos zu sein. 2023 stellten die Behörden – ohne es öffentlich zu kommunizieren oder zu begründen – die Ausgabe von Ausweisdokumenten an Asylbewerber ein, was es diesen quick unmöglich macht, authorized zu arbeiten oder mit öffentlichen Bussen über Land zu reisen.
2024 hat das dazu geführt, dass die Zahl der Asylanträge wieder zurückgegangen ist. Trotzdem geht das UNHCR davon aus, dass der Trend mittel- bis langfristig nach oben zeigen wird. Ein wichtiger Grund dafür: Die Zusammensetzung der Migrantentrecks, die in Mexiko ankommen, hat sich stark verändert. Waren es früher vor allem Menschen aus zentralamerikanischen Ländern wie Honduras, El Salvador und Nicaragua, die durch das Land in die USA wollten, sind es nun deutlich mehr Nationalitäten: Zu den großen Gruppen unter den Asylbewerbern gehören jetzt auch Haitianer, Kubaner und Venezolaner. Auf Platz zehn lag 2023 Afghanistan. Ecuador ist dazugekommen. Und auch Menschen aus verschiedenen afrikanischen und arabischen Ländern, Chinesen, Russen und Ukrainer stranden auf den globalisierten Irrwegen der Migration in Mexiko.
Aus dem Irak bis an die mexikanische Südgrenze
Einer von ihnen ist Thabet Hussein, der seine Heimat Irak schon vor einigen Jahren verließ. Auch er hoffte auf ein Leben in Amerika, floh über die Türkei nach Griechenland. Einen Reisepass hatte er nicht, aber, so erzählt er, es gebe ja Leute, die einem die notwendigen Dokumente fälschten. Die ihm einen Flug nach Brasilien organisierten. In welche Stadt? Daran erinnere er sich nicht, antwortet Hussein. So unbekannt, so fremd struggle ihm das Land. Überall aber gab es Kontakte, die ihm die nächste Etappe organisierten, gegen Bezahlung natürlich. Ungefähr 8000 Dollar, sagt er, habe es ihn gekostet, von Europa bis an die mexikanische Südgrenze zu kommen.
Inzwischen lebt Hussein in Tijuana, ganz im Norden. Der bis zu 15 Meter hohe Grenzzaun der USA ist hier allgegenwärtig. Von vielen Punkten der Millionenstadt aus kann Hussein hinüberschauen. Dorthin zu gelangen, hat er aufgegeben. Der Siebenundfünfzigjährige hat in Mexiko Asyl bekommen. Er betreibt einen kleinen Tabakhandel und nimmt Spanisch-Unterricht. Den braucht er für seine Einbürgerung. Der Iraker will jetzt auch Mexikaner werden. Er fühle sich willkommen, sagt er. Wenn Leute in sein Geschäft kämen, fragten sie, wo er herkomme. „Und wenn ich antworte: ,Irak‘, dann sagen sie: ,Bienvenido!‘“
Auf der Grundlage regelmäßiger Befragungen geht das UNHCR davon aus, dass 60 bis 80 Prozent der Menschen, die in Mexiko ankommen, Flüchtlinge sind – und damit auch das Recht auf Asyl hätten. Das Land hat die Erklärung von Cartagena unterzeichnet, in der sich eine Gruppe lateinamerikanischer Länder auf eine gemeinsame Definition geeinigt hat, wer für sie als Flüchtling gilt. Während die von den Vereinten Nationen verabschiedete Genfer Flüchtlingskonvention die politische Verfolgung in den Mittelpunkt stellt, geht die Cartagena-Erklärung weiter: Flüchtlinge sind demnach alle Menschen, die aus ihrem Land fliehen, weil dort ihr Leben, ihre Sicherheit oder ihre Freiheit in Gefahr ist – etwa durch „allgemeine Gewalt“, huge Menschenrechtsverletzungen oder andere Umstände, die die öffentliche Ordnung ernsthaft stören.
In Mexiko können damit auch Menschen Asyl bekommen, die vor der Gewalt organisierter Kriminalität fliehen, deren Unversehrtheit der Staat nicht sicherstellen kann oder will, in deren Heimat die öffentliche Ordnung zusammengebrochen ist. Und so sind es auch die Entwicklungen in etlichen lateinamerikanischen und karibischen Ländern, die dazu geführt haben, dass die Zahlen steigen. Denn noch immer kommt der Großteil der Asylbewerber aus der Region – so wie Maria Díaz aus Venezuela. Oder Paula und Jorge Garcia, deren Heimat Ecuador lange zu den sichersten Ländern des Kontinents zählte, bis es zur Drehscheibe des internationalen Kokainhandels wurde und die Gewalt explodierte.
Auch das Ehepaar lebt inzwischen in Tapachula in Südmexiko, und wenn Paula Garcia hier von daheim erzählt, kommen ihr die Tränen. Sie hatte in ihrem Haus eine Bäckerei-Konditorei, „mein eigenes Geschäft“, sagt sie, „mit viel harter Arbeit aufgebaut“. Zwölf Angestellte halfen ihr. Bis eines Tages eine Bande Schutzgeld verlangte. Sie weigerte sich, zu zahlen. Da feuerten sie ganze Salven auf den Laden, zerschossen die Auslage, Vitrinen, Kühl- und Gefrierschränke. Sie zündeten das Auto ihres Mannes an. Sie schickten ihr Fotos, die sie heimlich von ihren Söhnen aufgenommen hatten, und fragten: „Welcher von beiden ist dir 55.000 Dollar wert?“ Sogar ihr Bruder, der Polizist sei, habe ihnen da geraten, zu fliehen.
Auch Paula und Jorge Garcia stehen damit für eine Entwicklung: Waren es früher überwiegend Männer, die durch Mexiko in die USA wollten, so kommen heute viel mehr Familien an. In einer aktuellen Befragung des UNHCR waren es quick gleich viele Frauen wie Männer, ein Drittel der erfassten Flüchtlinge waren Kinder. 70 Prozent gaben an, in ihrem Heimatland Gewalt und Verfolgung zu fürchten.
Zu groß ist der Albtraum, der sie vertrieben hat
Zurückzukehren, falls es mit dem amerikanischen Traum nicht klappt, kommt für viele von ihnen nicht infrage. Zu groß ist der Albtraum, der sie von zu Hause vertrieben hat. Und in Mexiko zu bleiben, hat auch Vorteile: Anerkannte Asylbewerber können relativ leicht ihre Familien zu sich holen. Flüchtlinge aus lateinamerikanischen Ländern können schon nach drei Jahren die mexikanische Staatsbürgerschaft bekommen. Sie sprechen dieselbe Sprache, die meisten haben dieselbe Religion, eine ähnliche Kultur, da fällt es natürlich einfacher, sich zu integrieren.
Die Solidarität in der mexikanischen Gesellschaft ist nach wie vor groß, wohl auch, weil Mexiko ja selbst ein Land der Migranten ist. Abermillionen sind im Lauf der Jahre in die USA ausgewandert. „Das Mexiko, das wir kennen, struggle immer gastfreundlich, großzügig, einfühlsam, ein Mexiko, das alles darangesetzt hat, den Schwächsten zu helfen“, sagt die Ordensschwester María Magdalena Silva Rentería, die in Mexiko-Stadt eine Flüchtlingsunterkunft für Frauen und Familien leitet. Sie erzählt, wie sie Karawanen begleitet hat, wie sie die großen Gruppen nennen, zu denen sich Migranten zum eigenen Schutz zusammenschließen. „Unterwegs kamen ständig Menschen auf uns zu, die Essen anboten, die dies und jenes anboten“, sagt sie. „So offenherzig.“
Nun aber fürchtet die Ordensschwester, dass dieses Mexiko verloren gehen könnte. Zum ersten Mal, sagt sie, spüre sie in der Nachbarschaft Ablehnung. Auch im Umfeld von anderen Flüchtlingsunterkünften und wilden Lagern, in denen phasenweise Tausende Migranten unter katastrophalen Bedingungen leben, gibt es inzwischen Protest. Die sozialen Medien befeuern ihn. Und auch die Regierung von Andrés Manuel López Obrador, der seit 2018 Präsident struggle, habe ihren Anteil, sagt Silva Rentería. Mit seinem Populismus, mit seiner Erzählung vom Guten gegen das Böse, habe er polarisiert und gespalten. Er habe abfällig über die Zivilgesellschaft und Nichtregierungsorganisationen gesprochen und so Unfrieden gesät.
Wie wird die neue mexikanische Präsidentin mit den Migranten umgehen?
Ganz anders als in den USA und in Europa gab es vor den mexikanischen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen Mitte des vergangenen Jahres trotz alledem keine relevanten Stimmen, die versuchten, mit Hass und Hetze gegen Migranten für sich zu werben. Claudia Sheinbaum, die für die Regierungspartei antrat und haushoch gewann, telefonierte Ende November mit Donald Trump, woraufhin der auf seiner Plattform Truth Social behauptete, die mexikanische Präsidentin habe ihm zugesichert, die Migration in die USA zu stoppen.
Sheinbaum widersprach auf der Plattform X: Mexikos Position bestehe nicht darin, „die Grenzen zu schließen, sondern Brücken zwischen Regierungen und zwischen Völkern zu bauen“. Ihr Land wolle sich um die Migranten kümmern, schrieb sie, „bevor sie die Grenze erreichen“, und dabei „die Menschenrechte respektieren“. Was das praktisch bedeutet, wie sich Sheinbaum ihre künftige Migrationspolitik vorstellt, hat sie bisher nicht ausgeführt. Geändert hat sich seit ihrem Amtsantritt Anfang Oktober nichts.
Sucht man nach Gründen für die großen Widersprüche in der mexikanischen Migrationspolitik, landet man immer bei derselben Antwort: die riesige Abhängigkeit von den USA. Mehr als 80 Prozent der Exporte gehen über die Nordgrenze. Schon die Drohung mit Strafzöllen hat das Potential, die mexikanische Wirtschaft zu erschüttern. Dass die linkspopulistische Regierung statt auf konstruktive Lösungen vor allem auf Abschreckung setzte, lag nach Ansicht eines internationalen Experten auch an der Angst vor Donald Trump. Um Joe Biden beziehungsweise dann Kamala Harris zur Wahl zu verhelfen, habe sich die mexikanische Regierung voll darauf konzentriert, den Andrang an der Nordgrenze klein zu halten. „Mexiko hat auf das falsche Pferd gesetzt“, sagt der Experte. Dabei hätte es durchaus gute Ideen für eine Migrationspolitik in der Schublade gegeben.
Dass Trump es nun ernst meint mit seinen Ankündigungen aus dem Wahlkampf, daran hat er auch nach seinem Sieg keinerlei Zweifel gelassen. Dass seine Politik der Abschreckung und seine Hasstiraden dazu führen könnten, dass substanziell weniger Migranten und Flüchtlinge in Mexiko ankommen, weil weniger den Weg in Richtung USA auf sich nehmen, ist unwahrscheinlich. Viel zu groß ist der Anteil derjenigen, die ihre Heimat verlassen, weil die Angst vor Gewalt und die Verzweiflung sie davontreiben. Viel zu aussichtslos ist die Situation in Ländern wie Venezuela, Haiti, Honduras oder Ecuador, als dass man glauben könnte, dass sich das auch nur mittelfristig ändern wird.
Das UNHCR versucht deshalb, auch mit Zahlen zu überzeugen, und rechnet vor, wie sehr Mexiko von den Flüchtlingen profitieren kann, wenn es sich um deren Integration bemüht. Seit 2016 hat das Hilfswerk nach eigenen Angaben mehr als 45.000 Asylbewerber dabei unterstützt, aus dem armen Süden Mexikos in die Industriestädte in der Landesmitte und im Norden zu kommen, wo es Arbeit für sie gibt. Zusammen, so das UNHCR, erwirtschafteten diese inzwischen jährlich Steuereinnahmen in Höhe von 13,4 Millionen Dollar – ein Betrag, höher als das Gesamtbudget der Asylbehörde COMAR.
Die Kubanerin Camila González arbeitet dank des UNHCR-Programms seit fünf Monaten bei Urrea, einem großen Hersteller von Armaturen, Sanitärprodukten und Werkzeug. Eigentlich ist sie Krankenschwester, jetzt aber steht sie in einer Halle vor haushohen Regalen und kontrolliert die Bestellungen, die quick vollautomatisch über die Fließbänder sausen und dann weiter zur Verpackstation. „Ich bin glücklich“, sagt sie. „Ich habe so viel erreicht, was ich nie für möglich gehalten hätte.“
Fast drei Jahre ist es her, seit González ihre Heimat verlassen hat, in einem Charterflug nach Nicaragua, so wie Zehntausende Kubaner jedes Jahr. Für die Weiterreise nach Mexiko, sagt sie, hätten die Menschenschmuggler 3500 bis 5000 Dollar von ihr verlangt. Viel mehr, als sie noch hatte. González kam bis Costa Rica, wo sie erst einmal blieb und auch Arbeit fand. Dort aber hätte es Jahre gedauert, eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten, sagt González. Deshalb schlug sie sich schließlich doch bis Tapachula durch. „In Mexiko habe ich nach vier Monaten Asyl bekommen.“
Als es so weit struggle, konnte González unter mehreren Städten auswählen, in denen das UNHCR sein Integrationsprogramm anbietet. Sie entschied sich für Guadalajara in Zentralmexiko. „Ich habe es mir im Internet angeschaut“, sagt sie. „Es struggle sehr schön, additionally wollte ich da leben.“ Das UNHCR vermittelte Vorstellungsgespräche.
Arbeitskräfte dringend gesucht
González entschied sich für Urrea, wo sie jetzt sechs Tage die Woche arbeitet. Sie hat eine Zweizimmerwohnung gemietet und schickt ihren beiden erwachsenen Söhnen, die in Havanna geblieben sind, regelmäßig Geld. An ihrem freien Samstag lernt sie, um einen mexikanischen Schulabschluss zu machen, da ihr kubanischer nicht anerkannt wird. Und irgendwann, so hofft sie, will sie auch in Mexiko wieder als Krankenschwester arbeiten.
Ihr neuer Arbeitgeber hofft indes, dass sich noch viel mehr Flüchtlinge für Guadalajara entscheiden. Im Konzern seien derzeit 90 Stellen unbesetzt, 20 im Logistikzentrum, 70 in der Produktion, sagt Fátima Ochoa aus der Personalabteilung von Urrea. Die Fluktuation sei enorm hoch, weil es anderen Unternehmen genauso gehe. In einer Umfrage gaben im vergangenen Jahr quick 70 Prozent der mexikanischen Arbeitgeber an, Probleme zu haben, offene Stellen zu besetzen.
Auch Paula und Jorge Garcia, das Ehepaar aus Ecuador, hofft, schon bald in eine der Industriestädte im Norden Mexikos umziehen zu können. „Egal, welche Arbeit, wir nehmen jede“, sagt Paula. Das Wichtigste sei ihnen jetzt, dass ihre beiden Söhne endlich wieder etwas Ruhe und Stabilität bekämen. Thabet Hussein, der Iraker, sagt, er sei jetzt glücklicher als in den 50 Jahren in seiner Heimat zuvor. Er wolle einfach nur in Frieden leben. Und Maria Díaz aus Venezuela wünscht sich, irgendwann auch in Mexiko wieder kochen und Essen verkaufen zu können. Die wenigsten hier, sagt sie, kennen ja venezolanische Arepas.
Von Amerika träumt keiner von ihnen.
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