FTX: Das sollten Sie zum Krypto-Crash wissen
Der Aufstieg von FTX war phänomenal. In nicht einmal drei Jahren erreichte die Kryptobörse eine Bewertung von 32 Milliarden US-Dollar. Mitte November wurde bekannt, dass dem Unternehmen mehrere Milliarden in der Bilanz fehlten und es Insolvenz anmelden musste. Was genau dazu führte, dass eine der wichtigsten Kryptobörsen der Welt in die Pleite taumelte, soll ab dem 1. Dezember 2022 ein Ausschuss im US-Senat klären. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zur Insolvenz von FTX sowie den Folgen für Anleger – und für Kryptowährungen, wie den Bitcoin.
Übersicht:
- Was ist FTX?
- Wer ist der FTX-CEO Sam Bankman-Fried?
- Was ist Alameda Research und wer ist Caroline Ellison?
- Warum ist FTX pleitegegangen?
- Was haben der FTX-Konkurrent Binance und dessen Chef Changpeng “CZ” Zhao damit zu tun?
- Müssen FTX-Kunden um ihre Anlagen fürchten?
- Wie wirkt sich der FTX-Crash auf den Bitcoin aus?
- Welche Unternehmen könnte die FTX-Pleite bedrohen?
Was ist FTX?
FTX war einer der wichtigsten Handelsplätze für Kryptowährungen – digitale Währungen, die unabhängig von Banken und staatlichen Institutionen sind. Auf der Plattform, gegründet im Mai 2019, konnten Nutzerinnen und Nutzer in Bitcoin und Ethereum, aber auch in deutlich komplexere Finanzprodukte investieren. Wie andere Börsen auch, verdiente FTX Geld mit Gebühren, die bei den Transaktionen fällig werden. Registriert ist das Unternehmen auf den Bahamas. FTX zählte nach einem rasanten Aufstieg zu den größten Kryptobörsen weltweit und konnte eine Reihe bekannter Investoren gewinnen, etwa das japanische Unternehmen Softbank oder den Vermögensverwalter Blackrock. Anfang November 2022 geriet FTX in finanzielle Schieflage und musste nach gescheiterten Rettungsversuchen Insolvenz anmelden.
Wer ist der FTX-CEO Sam Bankman-Fried?
Sam Bankman-Fried, genannt SBF, ist das nerdig-freundliche Gesicht einer sonst eher obskuren Branche. Er studierte Physik am Massachusetts Institute of Technology und heuerte 2014 bei einer Investmentfirma an, deren Trader mit hochgezüchteten Computern Differenzen zwischen den Kursen von Wertpapieren ausnutzen. 2019 gründete er FTX. Zeitweise war die Börse mehr als 30 Milliarden US-Dollar wert und machte seinen Gründer und größten Anteilseigner, zumindest auf dem Papier, zum Multimilliardär. Im Zuge der Insolvenz trat der 30-Jährige von seinem Posten als Vorstandschef zurück.
Was ist Alameda Research und wer ist Caroline Ellison?
Noch vor FTX hatte Sam Bankman-Fried im Oktober 2017 das Unternehmen Alameda Research gegründet. Das erste Geschäftsmodell: Profit schlagen aus Kursunterschieden beim Kryptohandel zwischen Asien und den USA. Die Verbindung zwischen FTX und Alameda ist im Detail ziemlich undurchsichtig, soll aber zum FTX-Crash maßgeblich beigetragen haben. Als Chefin von Alameda Research setzte SBF die Mathematikerin Caroline Ellison ein. Die beiden hatten sich beim Handelshaus Jane Street Capital kennengelernt, wo Sam Bankman-Fried seine ersten Erfahrungen als Händler machte. Zeitweise sollen die beiden auch eine Liebesbeziehung geführt und auf den Bahamas zusammen gelebt haben.
Warum ist FTX pleitegegangen?
FTX soll Kundengelder in Höhe von zehn Milliarden US-Dollar veruntreut haben. Ein Großteil davon ist angeblich an Alameda geflossen. Das Unternehmen soll damit riskante Finanzwetten eingegangen sein. Wie das Portal CoinDesk berichtet, hinterlegte Alameda Sicherheiten für diese Kredite – allerdings in der Kryptowährung FTT, die FTX selbst herausgibt. Das Tochterunternehmen der Kryptobörse hatte also mit dem Geld seiner Kunden riskante Wetten abgeschlossen und als Sicherheit dafür eine von der Börse selbst erfundene Währung hinterlegt. Als diese Konstruktion bekannt wurde, sank das Vertrauen in FTT und die Kryptobörse FTX. Verunsicherte Kunden versuchten, ihre Einlagen zurückzubuchen. Dadurch wurde die Liquiditätskrise von FTX offenbar so groß, dass die Insolvenz nicht mehr abzuwenden war.
Was haben der FTX-Konkurrent Binance und dessen Chef Changpeng “CZ” Zhao damit zu tun?
Binance ist die weltweit größte Kryptobörse und ein Wettbewerber von FTX. In der Gründungsphase von FTX 2019 trat Binance-Chef Changpeng Zhao noch als Förderer und Investor von FTX auf. Doch mit dem Aufstieg von FTX kühlte auch das Verhältnis zwischen den beiden Krypto-Stars SBF und CZ ab. Binance gab im Sommer 2021 seine FTX-Anteile für umgerechnet rund zwei Milliarden US-Dollar zurück und erhielt im Rahmen dieses Deals auch FTT-Coins im Wert von über 500 Millionen Dollar. Die Ankündigung von Binance, sich von seinen FTT-Beständen zu trennen, war einer der wichtigsten Gründe für den Crash der FTX-Hauswährung. Auf Twitter stellte Binance nach der Insolvenz von FTX eine Rettung des Konkurrenzunternehmens in Aussicht. Doch die Übernahme wurde bereits nach einem Tag abgeblasen. Viele Beobachter glauben, dass es einen Masterplan von CZ gab, um den Untergang zu beschleunigen. Binance-Chef Changpeng Zhao hat dies jedoch dementiert.
Müssen FTX-Kunden um ihre Anlagen fürchten?
Viel Geld, auch von kleinen Anlegern, könnte verloren oder zumindest für längere Zeit nicht verfügbar sein. Das Ausmaß des Schadens wird davon abhängen, welche Vermögenswerte überhaupt noch da sind. Sorgen bereiten Anlegern auch Berichte, wonach nach dem Insolvenzantrag nicht alle noch vorhandenen Einlagen gesichert worden seien. Auf der Website ist nur eine dünne Information zu finden: “FTX kann derzeit keine Auszahlungen verarbeiten. Wir raten dringend von einer Einzahlung ab. Einzahlungen von TRX, BTT, JST, SUN und HT sind deaktiviert.” Hacker hatten nach der Pleiteankündigung die Börse attackiert und könnten Teile der Reserven entwendet haben. Bei der ersten Anhörung vor dem Insolvenzgericht in Delaware erklärten die Insolvenzverwalter, dass ein substanzieller Teil der Vermögenswerte von FTX gestohlen wurde oder verschwunden ist. Demnach schuldet das Unternehmen seinen 50 größten Gläubigern rund drei Milliarden Dollar.
Wie wirkt sich der FTX-Crash auf den Bitcoin aus?
Für den Kryptomarkt sind die Vorgänge rund um FTX ein Schock. Zwar sind die Anleger allerlei Skandale gewohnt, der FTX-Crash aber trifft den Markt in einer heiklen Phase: Seit einiger Zeit steigen weltweit die Zinsen, weil Notenbanken gegen die hohe Inflation vorgehen. Einige Zentralbanken beginnen zudem, in der Krise geschaffenes Geld aus den Märkten zu ziehen. Steigende Zinsen und sinkende Liquidität schaden besonders riskanten Finanzanlagen, zu denen Digitalwährungen zählen. Entsprechend sind Bitcoin, Ethereum und andere Kryptoanlangen durch die FTX-Krise weiter unter Druck geraten. Seit seinem Allzeithoch von knapp 70.000 US-Dollar hat sich der Wert eines Bitcoin – zunächst durch die steigenden Zinsen und Pleiten und Skandale um andere Unternehmen in der Kryptobranche, dann noch einmal wegen des FTX-Crashs – auf weniger als 16.000 Dollar reduziert. Dennoch halten Fachleute wie der Blockchain-Forscher Philipp Sandner die großen Kryptowährungen Bitcoin und Ethereum weiter für zukunftsfähig.
Welche Unternehmen könnte die FTX-Pleite bedrohen?
Die Insolvenz von FTX dürfte andere Unternehmen der Branche erschüttern – und zudem auch institutionelle Investoren wie Staatsfonds oder Pensionskassen, die Geld in Kryptowährungen gesteckt und mit FTX Geschäfte gemacht haben. In der Kryptobranche könnten unter anderem die Kreditanbieter BlockFi und Genesis Global Capital und die Börse Gemini betroffen sein. Der Ökonom Kenneth Rogoff glaubt jedoch nicht, dass der Crash bei FTX eine nächste Finanzkrise auslösen wird. Kryptos seien noch nicht systemrelevant, das Anlagevolumen großer Investoren sei überschaubar. Dennoch sei die Pleite von FTX ein “entscheidender Moment” für die Szene, weil sie zu einem “Erdbeben” bei der Regulierung führen werde, die viele Staaten bisher verschlafen hätten.
Mit Material von dpa.