Verdacht auf mögliche Milliardenverschwendung bei PCR-Tests

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Mehr als sechs Milliarden Euro haben Staat und Krankenkassen bisher für PCR-Tests in der Corona-Pandemie ausgegeben. Nach Recherchen von WDR, NDR und „Süddeutscher Zeitung“ (SZ) hätten sie aber womöglich einen großen Teil der Summe sparen können.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) räumte auf Anfrage ein, dass die Preise für PCR-Tests „zu hoch“ gewesen seien.

Der Rechercheverbund legt in seiner Darstellung erstmals jene fragwürdigen Preis-Kalkulationen öffentlich, mit denen die Ärztefunktionäre hohe Erstattungspreise für die Labore aushandelten.

Die Journalisten zeigen nach eigenen Angaben, dass die Testmaterialien auf dem Markt damals deutlich günstiger zu kaufen waren, als Ärztevertreter in den Preisverhandlungen angegeben hatten.

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Demnach bezifferten Ärzte-Vertreter in den Verhandlungen mit den Krankenkassen im Mai 2020 die Materialkosten für einen PCR-Test mit 22,02 Euro. Das geht aus den bisher vertraulichen Unterlagen und Abrechnungen hervor, die WDR, NDR und SZ einsehen konnten. Auf dem freien Markt hingegen verkauften mehrere Anbieter zertifizierte Testkits zu dieser Zeit für vier bis sieben Euro.

Tatsächlich gezahlt aber wurden den Laboren bereits ab Februar 2020 59 Euro, die Kosten trugen die Krankenkassen, wie die „Süddeutsche Zeitung“ in ihrer Recherche schreibt. Dies sei auf Druck von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und dessen Ministerium erfolgt. Man habe „eine schnelle Einigung gewollt, um hochwertige Corona-Tests für alle zur Verfügung zu stellen“, schreibt das Blatt.

Kassenärztliche Bundesvereinigung verweist auf „Marktengpässe“

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung will auf Anfrage keine Belege für ihre Berechnungen vorlegen. Sie teilt lediglich mit, dass gerade zu Beginn der Pandemie „erhebliche Marktengpässe“ bei Reagenzien und Materialien auftraten, die zu einem langfristig hohen Preisniveau beigetragen haben. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts haben zu dieser Zeit 30 von 170 Laboren über Knappheit geklagt. Gleichzeitig bauten die Labore ihre Kapazitäten in diesen Wochen massiv aus.

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Der damalige Minister Jens Spahn lässt heute auf Anfrage mitteilen, die Verfügbarkeit von PCR-Tests schnell und verlässlich herzustellen, sei „gerade im schweren ersten Jahr ein zentrales Mittel der Pandemie-Bekämpfung“ gewesen. Konkrete Fragen könne er nicht beantworten, da er keinen Aktenzugang mehr habe.

Heute erhalten die Labore noch rund 30 Euro für einen PCR-Test, inklusive Personal-, Transport- und sonstige Kosten. Mit den Recherchen von WDR, NDR und SZ konfrontiert, räumt Gesundheitsminister Karl Lauterbach ein: „Mir erschienen die Testkosten zu hoch. Ich habe sie dann um mehr als die Hälfte abgesenkt. Trotzdem kommen die Anbieter mit dem Geld aus. Daher können die Kosten also nicht höher sein als das, was jetzt bezahlt wird.“

Das Gesundheitsministerium selbst antwortete auf detaillierte Fragen knapp: Die Vergütung orientiere sich an den „relevanten Kostenfaktoren“.

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Die Gesetzlichen Krankenkassen beklagen gegenüber WDR, NDR und SZ ein „Informationsungleichgewicht“: „Die Ärzteschaft, die auch die Labore vertreten, die wissen deutlich mehr über die echte Kostenstruktur in den Laboren“, sagt Sprecher Lanz. Die Kassen hätten unter Druck gestanden, die Versorgung von 73 Millionen Versicherten sicherzustellen.

Source: welt.de