The AfD youth conjures up a picture of girls from the day earlier than yesterday | EUROtoday

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Der junge Mann ist Vorsitzender der „Jungen Alternative“ in Thüringen, der radikalen Jugendorganisation der AfD. Und seine Freundin, Candy Jacob, ist die passende Influencerin für dieses Frauenbild. Auf Tiktok erklärt sie ihren 14.000 Followern mit roten Lippen und tiefem Ausschnitt, warum sie sich „nichts Schöneres als eine Zukunft als verheiratete Frau vorstellen kann“. Dazu stellt sie Schwarz-Weiß-Fotos beschürzter Hausfrauen, die ihre Männer bedienen.

Wie ihr Freund ist Candy Jacob in der AfD. Man sieht sie an Wahlkampfständen und auf Parteitagen, auf Gruppenfotos neben Björn Höcke und Tino Chrupalla. Ihr Hintergrundbild auf Twitter zeigt sie eng umschlungen mit ihrem Liebsten: das Poster-Paar der „Jungen Alternative“. „Echte Frauen brauchen echte Männer“, findet sie. Wie echte Frauen aussehen, zeigen die bunten Postkartenbilder, die sie teilt: blonde Schönheiten in Tracht und Blumen oder glückliche Mütter inmitten ihrer Familien („Die Familie als Keimzelle der Nation“). Wie echte Frauen nicht aussehen, ist für sie ebenfalls klar: „Miss Germany ist eine Iranerin“, empört sie sich. Schönheit sei aber „nicht nur eine Frage des Aussehens, sondern eine politische Frage“. Es gehe um „deutsches Aussehen und deutsche Kultur“.

Die AfD bestimmt vielerorts die Jugendkultur

Dass die AfD inzwischen die beliebteste Partei bei jungen Wählern ist, sieht die „Junge Alternative“ als ihr Verdienst an. Mit professionellen Videos und martialischen Posen drängt sie sich in die Time­line der Jugendlichen. Mit zielsicher gesetzten Codes bestimmt sie in Schulklassen die Jugendkultur. Und mit antiquierten Rollenbildern spricht sie ausgerechnet junge Frauen und Männer an.

Dieser Text stammt aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.


Das Mädchenideal der „Jungen Alternative“ ist die „JA-Mausi“. Sie wird in einem Meme als „coquette-soft girl“ mit Schleife im Haar beschrieben. Ihr Hauptmerkmal: „Sagt nie was, wenn Männer auf Versammlungen reden.“ Candy Jacob erkennt sich wieder: „Warum passt es so gut?“, fragt sie zu einem Tränen lachenden Emoji.

Dass die Älteren aus der Bundestagsfraktion entsetzt von „Scheitelträgern“ und „Nazibräuten“ reden, scheint den Jüngeren zu gefallen. „Die ostdeutsche Jugend trägt Scheitel“, verkündet Engelhardt in einem Tiktok-Video. Er ist stolz darauf, dass die „Junge Alternative“ beim Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ geführt wird. Die Bestätigung eines Gerichts feiert er mit den Worten: „Gesichert stabil!“

Was auch immer Engelhardt sagt und schreibt, wird von „Candy.AfD“ geteilt und verbreitet. Etwa wenn der schmale Junge von heute sich in der Pose des starken Mannes von morgen ablichten lässt, den Zeigefinger zielsicher auf jemanden in der Ferne gerichtet, dazu der Satz: „Der wird abgeschoben.“ Oder wenn er seinen Zuhörern rät, sich nicht einreden zu lassen, „dass deine Vorfahren Verbrecher waren“. Das Gegenteil sei der Fall. „Du musst das fortführen, was andere für dich begonnen haben.“

Engelhardts Vorbild ist leicht zu erkennen: Maximilian Krah, der von Spionagevorwürfen überhäufte Europa-Spitzenkandidat der AfD – was, wenig überraschend, bei der „Jungen Alternative“ keinen stört. Auch Krah sagt auf Tiktok: „Unsere Vorfahren waren keine Verbrecher.“ Und auch er erklärt Jugendlichen, wie echte Männer und Frauen zu sein haben. In einem „Manifest“ besingt Krah die „natürliche Ordnung“ von Volk, Familie und Mutterschaft, schwärmt von fürsorglichen Frauen und „erotischer Spannung“. Er schlägt vor, Männlichkeit in der schlagenden Studentenverbindung zu erlernen und projiziert seinen Hass auf „grässliche, zumeist hässliche Feministinnen“ sowie „kühle, einseitig berufsorientierte und unweibliche Frauen“.

„Der Intelligenzquotient von Frauen ist dem der Männer nahe“

Wie seine persönlichen Verhältnisse zum gezeichneten Familienideal passen – Krah hat acht Kinder von drei Frauen –, erklärt er nicht. Dafür hat er eine Erklärung, warum es „weniger Frauen unter Nobelpreisträgern, Mathematik-Professoren oder Dax-Vorständen gibt“: ihr IQ. „Der Intelligenzquotient von Frauen ist dem der Männer nahe, wenngleich anders verteilt“, schreibt Krah. Da es weniger hochbegabte Frauen gebe, sei es klar, dass üblicherweise Männer an der Spitze stünden.

Eine Demonstration der „Jungen Alternative“ in Erfurt im Oktober 2023
A demonstration by the “Junge Alternative” in Erfurt in October 2023Imago

Jenny Günther war früher auch mal in der „Jungen Alternative“. Doch schon nach kurzer Zeit beschlich sie das Gefühl, in einer radikalen Sekte gelandet zu sein. Da teilten Parteikollegen Bilder toter Ratten im Chat, als Warnung an Verräter. Im Jahr 2016 trat sie wieder aus der AfD aus. Günther wunderte sich damals über die anderen jungen Frauen, die sie bei den Veranstaltungen der Parteijugend traf. „Die Mädchen bei der JA sind strange“, sagt sie. „Nach innen super unterwürfig, nach außen extrem aggressiv.“ Und einige von ihnen, „die hätten wohl am liebsten ein Mutterkreuz“.

Heute macht Günther einen Politik-Podcast, in dem sie auch die AfD kritisch begleitet. Die Brandenburgerin findet es merkwürdig, dass die „Junge Alternative“ ausgerechnet im Osten ein Rollenbild aus den westdeutschen 50er Jahren hochhält. Wo die Hausfrau im Osten doch gar keine Tradition habe. Günther kann sich deshalb auch schwer vorstellen, dass dieser Kulturkampf verfängt: „Da laufen die Frauen doch davon!“

Im Osten waren die Frauen Baggerführer

So sehen das nicht nur ehemalige, sondern auch aktive AfD-Politikerinnen. Die Bundestagsabgeordnete Barbara Benkstein aus Sachsen etwa sagt: „Gerade im Osten waren die Frauen doch auch Bagger- und Kranführer! Wieso sollten sie jetzt plötzlich alle an den Herd wollen?“ Es besorgt sie, dass jene in der AfD an Einfluss gewinnen, die Frauen nur noch als Gebärmaschinen betrachten.

Björn Höcke im Gerichtsgebäude von Halle, wo er sich für die Verwendung eines Nazislogans verantworten muss.
Björn Höcke within the courthouse in Halle, the place he has to reply for utilizing a Nazi slogan.AFP

Mit dieser Meinung ist sie in der Fraktion nicht allein. Auch Alice Weidel macht in Hintergrundrunden keinen Hehl daraus, dass sie sich über Krahs Gender-Theorien ärgert. Sie hält sie für gefährlich für die AfD, weil sie Wählerinnen abschrecken könnten. Die lesbische Vorsitzende ist bei Weitem nicht die einzige Frontfrau, die das Rollenmodell ihrer Partei Lügen straft.

Es ist allerdings nicht so, als ob die alte AfD jemals frauenfreundlich gewesen wäre. Ressentiments gegen Frauen gehören seit jeher dazu, genauso wie die gegen Homosexuelle und Transmenschen. Mit der AfD zog auch eine ganz neue Art von Sexismus in den Bundestag ein. Wenn Parlamentarierinnen ans Rednerpult treten, hören sie die Männer in der AfD gackern. Vor allem Stephan Brandner tut sich damit hervor, Rednerinnen zu stören und laut reinzurufen.

Es kommt selten vor, dass AfD-Frauen selbst Sexismus anklagen. Die inzwischen verstorbene Corinna Miazga erzählte trotzdem einmal auf offener Bühne, wie ihr Parteikollege Petr Bystron gesagt habe, „dass Frauen wie ich besser an einer Stange tanzen sollten“. Bei den männlichen Delegierten auf dem Parteitag kam das damals schlecht an. Später unterstellten die gleichen Männer ihr, sie täusche die Krebskrankheit nur vor, an der sie schließlich starb.

Frauen in der AfD als “Menschen zweiter Klasse“

Die ehemalige bayerische AfD-Politikerin Freia Lippold-Eggen erinnert sich noch gut daran. Sie hat inzwischen, wie einige andere Kolleginnen aus Bayern, die Konsequenzen gezogen und ist aus der AfD ausgetreten. Sie sagt: „Zur Basisarbeit sind wir willkommen, aber wenn es um die Listenaufstellung geht, heißt es: Platz da.“ Ihre Kollegin Tanja Ehrensberger sprach von Frauen in der AfD als „Menschen zweiter Klasse“. Sie sah sich hochschwanger aus der Partei „gemobbt“, als sich der junge Daniel Halemba mithilfe rechter Burschenschafter das Landtagsmandat erschlich. Gegen den hat der Bundesvorstand inzwischen einen Parteiausschluss beantragt, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Volksverhetzung.

Der AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl, Maximilian Krah, bei einer Wahlkampfveranstaltung am 1. Mai in Dresden
The AfD's main candidate for the European elections, Maximilian Krah, at a marketing campaign occasion on May 1st in DresdenAFP

Das Frauenbild von Leuten wie Krah oder Bystron hat längst Eingang in das Grundsatz- und Europawahlprogramm der AfD gefunden. Dort ist von „Wertschätzung für die traditionelle Familie“ die Rede und davon, dass die Partei „traditionelle Geschlechterrollen“ unterstütze. Der AfD ein Dorn im Auge: „Die zunehmende Übernahme der Erziehungsaufgabe durch staatliche Institutionen wie Krippen und Ganztagsschulen“. Die AfD möchte stattdessen „eine Betreuung, die Bindung ermöglicht“, und lässt wenig Zweifel daran, wer diese Bindungsperson sein soll: die deutsche Vollzeitmutter.

Das übergeordnete Ziel ist klar: eine „höhere Geburtenrate der einheimischen Bevölkerung“ – statt Einwanderung. Wie das den Fachkräftemangel im Hier und Jetzt lösen soll, steht nicht im Grundsatzprogramm, doch darum scheint es auch gar nicht zu gehen. Es wird darauf verwiesen, dass sonst durch die hohe Geburtenrate der Migrantinnen der „Wandel der Bevölkerungsstruktur“ verstärkt würde – eine Anspielung auf die Verschwörung vom „Großen Austausch“.

Die Feministin als ungepflegte Frau mit wechselnden Partnern

Wie Frauen nach Vorstellungen der AfD aussehen und leben sollen, davon kündet ein Bild, das der Landesverband Sachsen im Herbst 2022 über seinen Instagram-Kanal verbreitete und später wieder löschte. Es zeigt zwei Frauen: „Die moderne ‚befreite‘ Feministin“ und „die traditionelle Frau“. Die Feministin ist „ungepflegt“, hat „häufig wechselnde Beziehungen“ und ist „stolz drauf“, dass sie „schon mit 22 ihre dritte Abtreibung“ hatte. Die traditionelle Frau trägt ein Baby im Arm, hat „eine schlanke Figur“ und „ist stolz, für ihre Kinder zu leben“. Das Meme kursierte in ähnlicher Form in ul­trarechten Zirkeln in den USA und passt gut zum Frauenbild der „Identitären Bewegung“, der sich auch Krah, Björn Höcke und die „Junge Alternative“ nahe fühlen.

Hinten: Die AfD-Vorsitzenden Tino Chrupalla und Alice Weidel. Vorne: Der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner
Back: AfD chairmen Tino Chrupalla and Alice Weidel. Front: AfD MP Stephan BrandnerReuters

In diesem Dunstkreis bewegt sich auch der rechtsextreme Aktivist Erik Ahrens. Er ist der Kopf hinter Krahs Kampagne in den sozialen Medien und versucht nun, den jungen Eric Engelhardt aus Thüringen zum Tiktok-Star zu machen. Ahrens ist der Meinung, geeignete junge Frauen sollten „zur Abgabe von Eizellen verpflichtet werden, um die Demographie zu stabilisieren“. Außerdem malt er sich gern aus, wie „10.000 organisierte junge rechte Männer dieses Land grundlegend ändern“. Sein Plan: Der „massentaugliche“ Krah soll „den Weg bereiten für eine radikalere, weltanschaulich gefestigte und zu großen Taten entschiedene junge Generation“.

Eine maßgebliche Rolle in dieser weltanschaulich gefestigten Jugend spielt auch die junge AfD-Politikerin Anna Leisten, Vorsitzende der „Jungen Alternative“ in Brandenburg. Auf Instagram charakterisiert sie ihre Bandbreite „von der bezopften Süßmaus bis zur Eisernen Soldatin“ und unterlegt diese Beschreibung mit den passenden Fotos: lächelnd im Blumenkleid. Oder in schwarzer Jacke ins Megafon brüllend: „Re-, Re-, Remigration!“ Leisten kämpft nicht nur auf der Straße. Auf Instagram sieht man sie auch bei einer Art paramilitärischem Kampftraining, robbend und rennend durch Schlamm und Maschendraht. „Trainingslager Ostfront 2025“, schreibt sie dazu, nebst vielsagenden Emojis: Totenkopf, Soldatenhelm und Adler – Assoziationen von der Wehrsportgruppe Hoffmann bis zu Wehrmacht und Waffen-SS herzlich willkommen.

Es sind die immer gleichen Geschlechterklischees, die in neuen Spielarten wiederkehren. Ob bei Höcke, der forderte, „der großen Verschwulung“ mit „männlicher Ehre und Würde“ entgegenzutreten; der „Weisheit und Führung“ beim Mann, „Sanftmut und Hingabe“ bei der Frau verortete. Oder bei Putin, Trump und Bolsonaro. Auch Hitler kämpfte gegen die „Verweibung“ der Männer und die Vermischung getrennter Welten. In die weibliche Welt gehöre „die Kraft des Gemütes, die Kraft der Seele!“ In die männliche „die Kraft der Härte, der Entschlüsse und die Einsatzwilligkeit!“, so heißt es in „Mein Kampf“. Was für heutige Frauenhasser der Feminismus ist, war für Hitler die „Frauen-Emanzipation“: „ein vom jüdischen Intellekt erfundenes Wort“.

https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/die-afd-jugend-beschwoert-ein-frauenbild-von-vorgestern-19711052.html